IHK-Magazin Ausgabe 01/2023

TITELTHEMA | FINANZEN

OFFENE RECHNUNGEN Drum prüfe, wer sich länger bindet Zahlungsverzug ist für eine Geschäftsbeziehung immer eine Belastung, die viel Feingefühl erfordert – und Konsequenz. W ie mit Zahlungsverzug umgehen? Auf der einen Seite steht das um die stark steigenden Liefer- und Energiekosten angemessen zu berücksichtigen und ein

Einen wichtigen Tipp hat Norman Häring noch parat: Im Insolvenzfall sei Schnellig- keit gefragt. Je früher gemein- same Lösungen für die Weiter- führung des Unternehmens mit den beteiligten Personen wie dem Insolvenzverwalter in Angriff genommen würden, desto aussichtsreicher seien diese. Und Oliver Dangmann warnt vor der Möglichkeit, dass Schuldner nach langem Hin und Her zwar zahlten, dann aber insolvent gingen und der Insolvenzverwalter die Zahlung auch noch nach Jahren als zur Insolvenzmasse zugehörig an- ficht. Inkasso-Kosten Alle Kosten, die durch Bei - treibung einer überfälligen berechtigten Forderung entstehen, gelten als Verzugs - schaden, den der Schuldner zu tragen hat – einschließlich Zinsen, Spesen, Inkassover- gütung sowie Kosten für die Beantragung der gerichtlichen Bescheide und Gerichtsvoll- zieher. Ist der Schuldner hierzu jedoch nicht in der Lage, trägt der Gläubiger die Inkassover- gütung sowie die Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten. Des- halb ist die Wahl von seriösen Inkassoanbietern wichtig, die in der Regel dem Bundesverband Deutscher Inkasso-Unterneh- men angehören.

legitime Interesse des eigenen Unternehmens, Forderungen zeitnah zu realisieren, auf der anderen Seite der Wunsch, das Verhältnis zu wichtigen Kunden nicht zu beschädigen. Vieles lasse sich bereits im Vorhinein regeln, rät Restruk- turierungsexperte Dr. Norman Häring: „Grundsätzlich sollte das Management bonitäts- bezogene Informationen über Lieferanten und Abnehmer einholen und regelmäßig kontrollieren. Als Quelle bieten sich Debitorenregister und Gespräche mit anderen Unter- nehmern an oder Zahlen, die der Geschäftspartner selbst veröffentlicht.“ In der Vertragsgestaltung soll- ten stets feste Fälligkeiten für Zahlungen und Verzug sowie ein Eigentumsvorbehalt ver- einbart werden. Lösungsklau- seln können es dem eigenen Unternehmen bei Zahlungs- verzug oder auch nur bei Ver- mögensverschlechterung des Partners erlauben, den Vertrag zu kündigen oder Sicherungs- rechte auszuüben. Zur besseren Absicherung höherer Summen können auch Bürgschaften, Schuldübernah- men, Garantieerklärungen oder Warenkreditversicherungen dienen. Und schließlich sind ebenso Rahmenverträge mit Anpassungsklauseln sinnvoll,

gutes Miteinander zu wahren. Und wenn es doch zum Zah- lungsverzug kommt? „Dann ist ein striktes Forderungs- management ausgesprochen wichtig“, erklärt Häring. Nach Jahren des Booms müssten sich viele Unternehmen erst wieder daran gewöhnen, Liquidität zu managen und Ausstände einzutreiben. Das Problem verstärke sich jetzt durch den Mangel an Fachper- sonal. Dem stimmt auch Oliver Dangmann, geschäftsführender Gesellschafter der Creditreform Mannheim zu: „Ein funktionie- rendes Forderungsmanagement ist ein Zeichen von Professio- nalität. Gerade in der heutigen Zeit spricht es sich auf ein- schlägigen Plattformen schnell herum, wenn man zu lasch mit säumigen Kunden umgeht.“ Deuten sich Schwierigkeiten an, sollte man in jedem Fall das Gespräch mit den Geschäfts- partnern suchen. Eventuell hilft auch die Festlegung individueller Zahlungsvereinbarungen. Sollte dies nicht von Erfolg gekrönt sein, kann man den Fall an einen Inkassodienstleister übergeben, der in letzter Konsequenz vor Gericht eine Zwangsvollstre- ckung erwirkt. Sollte am Ende kein Geldeingang zu verzeichnen sein, übernimmt der Inkasso- dienstleister die Forderung in die Langzeitüberwachung.

10,5 TAGE Durchschnittlicher Zahlungsverzug im B2B-Geschäft

in Deutschland QUELLE: CREDIT-

REFORM ZAHLUNGS- INDIKATOR DEUTSCH - LAND SOMMER 2022

16

IHK Magazin Rhein-Neckar 01 | 2023

ihk.de/rhein-neckar

Made with FlippingBook Learn more on our blog