EUROPA
GROSSBRITANNIEN / EU Komplizierte Ausgangslage vor EU-UK-Gipfel
Mit großer Spannung wird der EU-UK-Gipfel erwartet, der am 19. Mai 2025 in London stattfinden wird. Dort werden für die europäisch-briti- schen Beziehungen neue Weichen gestellt. Anlass der Gespräche sind die zukünftige Verteidigungs- kooperation sowie die Verbesserungen des gemeinsamen Handels- und Kooperationsabkommens. Schließlich muss die im Abkommen festgelegte planmäßige Überprüfung, üblicherweise als „Review“ bezeichnet, bis Juni 2026 abgeschlossen sein. Explizit erforderlich ist darin eine Neuregelung der Fischfangquoten. Außerdem besteht Ver- handlungsbedarf zur Optimierung des Stromhandels und beim Elektroautoexport. Britische Wunschliste für Handelserleichterungen ist lang Aus britischer Sicht ist der Raum für Verbesserungen der Handelsbedingungen groß. Schon im Wahlkampf ver- sprach die Labour-Partei eine Wiederannäherung an die EU durch ein SPS-Abkommen (Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutz- rechtlicher Maßnahmen), die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen sowie eine Harmonisierung der Chemieregulierung. Der Verhandlungsführer für das Vereinigte Königreich ist Nick Thomas-Symonds, Europastaatsminister in der britischen Regierung. Ende Januar 2025 stellte er dem Wirtschaftsausschuss des Unterhauses seine Verhand-
lungsposition vor. Neben den oben genannten Punkten kamen darin jedoch noch neue Themen hinzu. So erklärt Thomas-Symonds, dass eine Verbindung des britischen und europäischen Emissionshandelssystems ETS ausdrücklich erwünscht ist und auch im bestehenden Freihandelsabkommen angestrebt wird. Dies schließt die jeweils unterschiedlichen CO2-Grenzausgleichsmechanis- men (CBAM) ein. Hinzu kommt ein möglicher Beitritt des Vereinigten Königreiches in die Pan-Europa-Mittelmeer- Konvention. Ein Beitritt würde den zollfreien Handel auch für britische Unternehmen vergrößern. Das Klima in den bilateralen Gesprächen ist ausgespro- chen gut. Die Verhandlungen werden hingegen nicht ein- fach. Schließlich hat die britische Regierung von Anfang an deutlich gemacht, dass eine Rückkehr sowohl in die Euro- päische Union als auch in die Zollunion ausgeschlossen ist. „ReArm Europe“-Plan noch ohne britische Beteiligung Die Pläne für den anstehenden milliardenschweren Rüs- tungswettlauf in Europa verkomplizieren die Verhandlun- gen um den UK-EU-Gipfel zusätzlich. Das rund 150 Mill- iarden Euro schwere „ReArm Europe“-Rüstungspaket der EU-Kommission bleibt der britischen Rüstungsindustrie noch verschlossen. Als Nicht-EU-Land kann sich die britische Regierung nur daran beteiligen, wenn sie einen Verteidigungspakt mit der Union schließt. Das ist zwar grundsätzlich auch im Inter- esse der EU, die zügig Verhandlungen mit der britischen Seite aufnehmen will. Einige Mitgliedstaaten hingegen wollen die Einigung mit der notwendigen Neuverhandlung der Fischfangquoten koppeln. Das deutet auf komplexe britisch-europäische Verhandlungen hin. Dabei winkt nicht nur britischen Rüstungsunternehmen der Zugang zu europäischen Projekten. Auch der britische Rüstungsmarkt ist für die europäische Industrie höchst interessant. Schließlich verfügt das Vereinigte Königreich über das drittgrößte Verteidigungsbudget der NATO-Staa- ten nach den USA und Deutschland und investiert in den nächsten Jahren massiv in die Modernisierung und den Ausbau seiner Streitkräfte. So soll der Anteil der Verteidigungsausgaben von 2,3 Pro- zent am Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2024 auf 2,5 Pro- zent in drei Jahren angehoben werden. Schon jetzt fließt rund ein Drittel der Ausgaben in die Ausrüstung. Der in Kürze erwartete Strategic Defence Review und die Defence Industrial Strategy im Sommer werden die zukünftige Aus- richtung des britischen Militärs und der Rüstungsindustrie prägen. GTAI/IHK
Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich die EU und das Vereinigte Königreich wieder an. Die Gespräche beim EU-UK-Gipfel im Mai werden aber nicht einfach. Im Bild: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem britischen Premier Keir Starmer beim Sicherheitsgipfel im März 2025 in London.
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IHK Global Business 05/2025
ihk.de/rhein-neckar
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