Politische Dimension Internationaler Jugendarbeit

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Politische Dimension der Internationalen Jugendarbeit

Frage: Der Begriff ‚politisch‘ wird oftmals als sperrig empfunden. Eine Herausforde- rung in der Internationalen Jugendarbeit ist sicherlich die Dekodierung des ‚Politi- schen‘. Welche Kompetenzen benötigen die Fachkräfte, also auch die Teamer / -in- nen, die meist ehrenamtlich an einer Begegnung mitwirken? Was brauchen die Jugendlichen? Und was brauchen die Fachkräfte? Katharina: Mhh, also ich würde erst gar nicht damit anfangen, den Jugendlichen etwas als politisch zu verkaufen, sondern einfach mit ihnen an konkreten The- men und Fragestellungen arbeiten. Den Fachkräften muss dazu ein gutes Metho- denwissen vermittelt werden, welches möglichst niederschwellig und praktisch ausgerichtet ist, damit es verschiedene Zielgruppen bedienen kann. Ich persön- lich finde Ehrenamt wichtig und sinnvoll, denke aber auch, dass es eine professio- nelle und damit auch bezahlte Struktur in der Internationalen Jugendarbeit geben muss. Insbesondere auch, weil ich glaube, dass eine intensive Vor- und Nachberei- tung mit den Jugendlichen sehr wichtig ist, damit auch eine Transferleistung auf aktuelle politische Themen in Deutsch- land gewährleistet werden kann. Das ist allein mit ehrenamtlichen Kräften nicht möglich. Die Jugendlichen brauchen Teamende, die in der Lage sind, sich in deren Lebens- welt hineinzuversetzen und daher auch komplexe Themen mit dem Alltag der

jungen Menschen verbinden können. Au- ßerdem brauchen sie spannende Orte, an denen Themen konkret erlebt und nicht nur abstrakt erklärt werden. Ich denke da wieder an das Beispiel aus Zypern, von dem ich erzählt habe. Marie: Fachkräfte der Internationalen Ju- gendarbeit brauchen natürlich eine Rei- he von persönlichen, organisatorischen und kommunikativen Kompetenzen. Aus der Perspektive der politischen Bildung dürfen aber auch kulturelle, politische, gesellschaftliche oder historische Fach- kenntnisse nicht fehlen. Angesichts der Schwierigkeit, dass die politische Dimen- sion in der Internationalen Jugendarbeit oft mühsam dekodiert werden muss, soll- ten die Fachkräfte die Lebenswirklichkeit und den Alltag ihrer Zielgruppen kennen und wissen, wo hier der Bezug hergestellt werden kann. Sie sollten in der Lage sein, das Politische im Trivialen, im Alltag der jungen Menschen zu entdecken und ih- nen vor Augen zu führen. Schließlich ist eine gewisse Methodenkompetenz wich- tig, da die zielgruppengerechte und me- thodisch abwechslungsreiche Vermitt- lung von Inhalten oft entscheidend für die Nachhaltigkeit der Lerneffekte ist. Generell muss die politische Bildung oft gegen ein schlechtes Image der Politik bei den Jugendlichen ankämpfen. Daher glaube ich, dass es vor allem in der In- ternationalen Jugendarbeit wichtig ist, induktiv vorzugehen: die Jugendlichen etwas erleben zu lassen und anschließend

Frage: Wenn ein Jugendlicher an einer in- ternationalen Begegnung teilnimmt, sagt er wohl kaum à la Tim Bendzko „Tschö, ich muss mal kurz die Welt retten“. Verste- hen die Jugendlichen, was während der internationalen Begegnung dort auf der politischen Ebene passiert? Wissen und verstehen die Jugendlichen, aber auch die Fachkräfte, dass die Internationale Jugendarbeit eine politische Dimension hat? Katharina: Die Jugendlichen wissen das auf jeden Fall. Bei den Auswertungen wird das auch mehrfach ganz konkret formuliert. Da wird direkt gesagt, dass sie gelernt haben, offener gegenüber Men- schen aus anderen Regionen der Welt zu sein und dass sie selbst überrascht sind, wie viele Vorurteile sie über Menschen aus anderen Ländern hatten. Manchmal passiert es auch, dass die Teilnehmenden über die Wirkungen der Begegnungen sehr überrascht sind. Da wollten sie ei- gentlich nur mal im Sommer ins Ausland und neue Leute kennenlernen und sind dann am Ende ganz baff, weil sie sich mit so vielen unterschiedlichen Dingen ausei- nandergesetzt haben.

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