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Politische Dimension der Internationalen Jugendarbeit
Diversitätsbewusste Internatio nale Jugendarbeit
Inhalte, das Verbot der inhaltlichen Über- wältigung von Teilnehmenden und eine strikte Lernerorientierung. 2 Eine stärkere Orientierung auf die Herausarbeitung der zutage tretenden politischen Dimen- sionen bietet sich durchaus an, wenn die gesetzte Thematik einer Begegnung de- zidiert ein Anliegen politischer Bildung ist, aber auch in situativ und anlassbe- zogenen Kontexten, die erst im Verlauf einer Begegnung durch hervortretende Konflikte oder besondere Fragestellun- gen eine Bearbeitung durch die Teilneh- menden erfordern. Welche politischen Ziele kann Internati- onale Jugendarbeit verfolgen? Hier sind zusammenfassend drei Ziele zu nennen: • das Bewusstsein für gesellschaftli- che Heterogenität (Diversität) zu stärken und damit verbunden die Auseinandersetzung mit sozialen Ungleichheiten, mit Ungerech- tigkeit und Diskriminierung, mit Macht- und Herrschaftsstrukturen; • die Einbeziehung aller gesellschaftli- chen Gruppen in Jugendbegegnun- gen, um das gemeinsame Lernen und die persönliche Begegnung als Chance für die Persönlichkeitsent- wicklung und Empowerment zu fördern; • der Anspruch, junge Menschen dazu zu befähigen und zu motivieren, ihre Interessen zu erkennen, zu formu- lieren und einzubringen, um damit gesellschaftlich teilzuhaben.
lem Egoismus entgegenzuwirken. Dies schließt die Mitverantwortung junger Menschen für die Sicherung und Ausgestaltung des Friedens und für mehr Freiheit und soziale Gerechtigkeit in der Welt ein. • Förderung des Bewusstseins und der aktiven Wahrnehmung einer europäischen Bürgerschaft, die sich als Teilaspekt und nicht als Gegen- satz zum „Eine-Welt-Gedanken“ versteht. Vor diesem Hintergrund erscheint es wichtig, Internationale Jugendarbeit vermehrt als Lernfeld politischer Sozia- lisationsprozesse junger Menschen zu betrachten. Sie leistet einen wichtigen Beitrag, um Jugendliche zu befähigen, ihre Beteiligungsanliegen und -rechte als politisch zu verstehen und sie durch die Begegnung zu ermutigen, diese auch als solche zu formulieren. Junge Menschen sollen in erfahrungsorientierten, prozess- haften und kreativen Lernsettings zu den unterschiedlichsten – sie betreffenden Fragestellungen – arbeiten. Dabei sind Effekte auf der Verhaltensebene und ein Zuwachs an Wissen, Kompetenzen sowie Einstellungsänderungen bis hin zu einem veränderten Wertebewusstsein unter dem Gesichtspunkt des Beitrags von In- ternationaler Jugendarbeit zur Persönlich- keitsbildung durchaus angestrebt. Betrachtet man Internationale Jugendar- beit unter dem Blickwinkel des sog. „Beu- telsbacher Konsens“ – einem Leitbild politischer Bildungsarbeit –, so versteht sich von selbst eine Pflicht zur Objektivi- tät und Kontroversität der bearbeiteten
In der Theorie und Praxis von Internati- onaler Jugendarbeit sind gesellschafts-, sozial- und jugendpolitische Aspekte in den letzten Jahren immer wichtiger ge- worden. Ein Paradigmenwechsel in der Profession hat dazu geführt, das Anliegen von Internationaler Jugendarbeit neu zu definieren. Es geht nicht mehr allein um ein reduziertes Verständnis von Inter- kulturellem Lernen, unter dem ein natio- nalkulturelles Begegnen und Verstehen subsummiert wird. Vielmehr wird unter der Annahme von gesellschaftlicher Viel- schichtigkeit und multiplen Zuordnungen in den Identitätskonstruktionen aller Teil- nehmenden jede Begegnungsmaßnah- me dementsprechend als Lernfeld und Erfahrungsfeld von Diversität begriffen. Hierbei kommen Kategorien bzw. Zuge- hörigkeiten und Differenzlinien wie Ge- schlecht, Religion, Herkunft, Biografie et al. zum Tragen, bei denen ein politischer Bezug mit ins Auge gefasst wird. Diversi- tätsbewusste Internationale Jugendarbeit umfasst die Perspektive von Macht, Herr- schaftsstrukturen und damit verbunden die Frage nach ungelösten gesellschaft- lichen Problemen wie Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus oder – posi- tiv gewendet – gesellschaftlicher Vielfalt und Teilhabe. Die Förderung von Partizipation junger Menschen ergibt sich aus dem Anspruch einer demokratischen Gesellschaft. In- ternationale Jugendarbeit setzt dabei ein positives Erleben und Erlernen von gesellschaftlicher Vielfalt und Teilhabe
2 www.bpb.de/die-bpb/51310/beutelsbacher- konsens
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