Politische Dimension Internationaler Jugendarbeit

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Politische Dimension der Internationalen Jugendarbeit

des globalen Lernens mit den Ländern des Südens. Internationale Jugendarbeit wurde aber auch als Bildungsinitiative ge- gen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus im Inland propagiert und damit gesellschaftspolitisch begründet. Die Unterstützung und der Aufbau von ju- gendpolitischen Strukturen in mittel- und osteuropäischen Ländern war eine weite- re Begründungslinie nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes in den 1990er Jahren (Russland, Kasachstan, Ukraine, Weiß- russland, baltische Staaten, Mongolei). Schließlich kamen weitere Begründun- gen zu Beginn des neuen Jahrhunderts hinzu und Internationale Jugendarbeit wurde z. B. als eine Begleitmaßnahme im Kontext der außen- und wirtschafts- politischen Strategie der Bundesrepublik gegenüber Schwellenländern wie Türkei, Brasilien und China angesehen. Schließ- lich wird im Gefolge der sog. Arabellion der Austausch mit nordafrikanischen, arabischen Staaten forciert und seit 2014 wird der Jugendaustausch mit Griechen- land verstärkt. Im Rahmen der zuneh- menden Europäisierung und des Auf- und Ausbaus der EU-Strukturen und der ein- hergehenden zunehmenden Zunahme

der Begriffe „Wiedergutmachung“ und „Sühne“ zu kritisieren, da sie suggerieren, es könne für diese Verbrechen und den Völkermord „eine Wiedergutmachung“ durch die nächste Generation geben. Mit diesem Diskurs der Erinnerung, so eine ad- äquate Formulierung heute, war zugleich der Anspruch verbunden, dass die Bun- desrepublik Deutschland zur Demokratie westlicher Prägung fähig ist und einen substanziellen Beitrag zur Völkerverstän- digung und guten Nachbarschaft leisten will und kann. Es ist unstrittig, dass die Internationale Jugendarbeit dazu einen Beitrag geleistet hat und weiter leistet. Bisher wurden aber keine wissenschaftli- chen Studien aufgelegt, die gesichert he- rausarbeiten konnten, wie dieser Beitrag auf der Makroebene genau zu fassen ist. Völkerverständigung bezog sich zuerst auf die Westintegration und die west- europäischen Länder (z. B. Frankreich) und Israel, dann seit den 1970er Jahren auch auf die mittel- und osteuropäischen Staaten (z. B. Polen, Ungarn, Tschechien). Eine besondere Rolle spielt auch der Aus- tausch mit Japan und den USA. Weitere Begründungen ergeben sich aus der Euro- päischen Integration und der Perspektive

der Kompetenz- und Zuständigkeitsver- lagerung nach Brüssel erfolgte seit Grün- dung der ersten Programmgeneratio- nen „JUGEND für Europa“ zu Beginn der 1990er Jahre kontinuierlich der Ausbau und die Vertiefung von EU-Programmen, die die Förderung von individuellen und gruppenbezogenen Austausch- und Be- gegnungsprogrammen von Jugendlichen mit immer mehr Staaten im Rahmen der EU-Osterweiterung zum Ziel hatten. Gleichzeitig gibt es Tendenzen, die eu- ropäische Jugendarbeit stärker an die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen der EU-Kommission auszurichten (Stichwort Employability). Dem stehen wiederum gegenteilige Initiativen und Diskurse ent- gegen, die sich der wirtschafts-, sozial-, arbeitsmarkt- und jugendhilfepolitischen Instrumentalisierung der Internationalen Jugendarbeit entziehen. Aktuell, d. h. im Jahr 2014, verändern sich die welt- und außenpolitischen Rahmen- bedingungen erneut und substanziell. Es scheinen binationale, innereuropäische und weltpolitische Verwerfungen aufzu- brechen, deren globale Folgen aus heuti- ger Sicht noch nicht einzuschätzen sind. Zu nennen sind der Ukraine-Russland- Konflikt, die innenpolitische Entwicklung in der Türkei, die Bürgerkriege und der Völkermord in Syrien und im Irak, der Israel-Palästina-Konflikt sowie die innen-

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