IJAB journal 1|2023
Teilnehmerinnen des „Bakhmut Street Art Camp“ 2021, einer Veranstaltung von „Tolerance in You“
werden, aber auf unseren Tagungen herrschte beredtes Schweigen, als beispielsweise der Verein Deutsch-Russi - scher Austausch 2021 in Russland zur „unerwünschten Organisation“ erklärt wurde. Obwohl der Jugendaus - tausch direkt betroffen war, gab es keinen nennens - werten Aufschrei im Arbeitsfeld und keine sichtbaren Solidaritätsbekundungen. Was also ist zu tun und was können wir aus der jüngsten Geschichte für die Zukunft der Internationalen Jugendarbeit ableiten? Es liegt die Versuchung nahe, deutsche Erfahrungen für Friedensarbeit nutzbar zu machen und die Erfolgs - geschichte des Deutsch-Französischen Jugendwerks oder des Jugendaustauschs mit Polen, Tschechien und Israel, auch auf die gegenwärtige Situation zu übertra - gen: Junge Ukrainer*innen und junge Russ*innen sollen miteinander in Gespräch kommen – am besten unter deutscher Moderation. Gerade die deutsche Erfahrung lehrt uns jedoch etwas anderes. Der Jugendaustausch hat politische und gesellschaftliche Voraussetzungen. In Deutschland waren es das Eingeständnis der Schuld am 2. Weltkrieg und die Verurteilung der schlimmsten Kriegsverbrecher in den Nürnberger Prozessen durch die Alliierten. Und selbst dann dauerte es noch Jahrzehn - te, bis bilaterale Beziehungen in Verträge und Vereinba-
rungen gegossen waren, die schließlich die Türen für den Jugendaustausch öffneten und ihren Beitrag dazu leisten konnten, dass aus Feinden Freunde wurden. Worüber sollten aber junge Ukrainer*innen mit jungen Russ*innen heute sprechen? Warum sie in einem Krieg kämpfen müssen und unter ihm zu leiden haben, den sie nicht gewollt haben? Warum durch Flucht und Ver- treibung Familien auseinandergerissen wurden? Warum die Schwester vergewaltigt und der Vater verstümmelt wurde? Völlig zurecht weisen ukrainische NGOs solche Szenarien als übergriffig zurück. Was also kann Internationale Jugendarbeit leisten, wenn sie einer friedensstiftenden Rolle gerecht werden möchte? Die Resolution 2250 – „Jugend, Frieden und Sicherheit“ – des UN-Sicherheitsrats aus dem Jahr 2015 gibt dafür hilfreiche Hinweise. Sie erkennt die positive Rolle junger Menschen für Frieden und Sicherheit an und fordert die UN-Mitgliedstaaten auf, jungen Menschen mehr Mit - →
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