USA-Special 2022: Deutsch-US-Amerikanischer Jugendaustausch

Workcamps

zu wenige. Das soziale Sicherungssystem ist mit dem deutschen nicht zu vergleichen, vom Staat gibt es kaum Hilfe. Das St. Francis Center versucht, die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Um ihre Existenz zu sichern, wird den Obdachlosen auch bei formalen Angelegen- heiten geholfen. Regelmäßig kommen Ärzte vorbei. Viele Menschen kommen täglich. Das St. Francis ist darüber hinaus ein sozialer Knotenpunkt für viele, hier kann man sich austauschen und trifft täglich bekannte Gesichter und Freunde. Der internationale Austausch mit dem St. Francis Center zeigt den Leuten vor Ort, dass sogar Leute aus anderen Teilen der Welt sich für sie interessieren. Der internationale Austausch mit dem St. Francis Center zeigt den Leuten vor Ort, dass sogar Leute aus anderen Teilen der Welt sich für sie interessieren. Die Freiwilligen haben mehr Zeit als die Angestellten des Centers , auch mal private Gespräche zu führen. Somit bietet sich die Gelegenheit für viele Gespräche. Es entstehen Momente der Freude, wenn man versucht, sich gegenseitig Wörter der eigenen Muttersprache beizubringen. So begrüßten und bedankten sich die Obdachlosen teilweise auf brü- chigem Deutsch und die Freiwilligen versuchten sich in der spanischen Sprache. Das Kolping-Programm bietet etwas, was den Obdachlosen wirklich fehlt: Zeit, Auf- merksamkeit und Wertschätzung.“ Zwischen Obdachlosigkeit und Wohl- stand: Die Wirkung der Kontraste auf die Jugendlichen Andy Gracklauer, Leiter des Workcamps im Frühjahr 2019, zu den Wirkungen des Programms auf die Teil- nehmenden: „Ich möchte behaupten, dass die Workcamp-Teil- nehmenden wichtige Erfahrungen für ihre persönliche Entwicklung sammeln konnten, die sie in Zukunft positiv beeinflussen werden. Besonders der Kontrast zwischen dem Leben der Obdachlosen auf der Straße und dem relativen Wohlstand in der Unterkunft der Freiwilligen

regte zu intensivem Nachdenken an. Wir konnten hier- bei einen Zwiespalt zwischen Arm und Reich sehen, der teilweise erschreckend groß ist und an den im Land des American Dream mit seinen „unbegrenzten Möglich- keiten“ niemand in Europa als erstes denkt. Auf der einen Seite leben viele Menschen in den USA im Über- fluss, auf der anderen Seite sind viele Menschen in die - sem Land so bedürftig, dass sie auf die Armenspeisung angewiesen sind. Wir konnten bei diesem Workcamp beide Seiten kennenlernen und uns so ein umfang- reiches Bild vom Süden Kaliforniens machen, das facettenreicher kaum sein könnte. Ich denke auch, dass viele der Heimkehrer*innen aus diesem Workcamp in Los Angeles in Zukunft zweimal überlegen werden, bevor sie Essen wegwerfen. Dadurch ist die Chance gegeben, den eigenen Wohlstand nicht als selbstverständlich zu betrachten und ihn besser zu schätzen zu wissen.“ Nachhaltige Wirkung zum sozialen Engagement

Friederike Knörzer bestätigt diese Erfahrungen:

„Den Teilnehmenden wurde bewusst, dass Obdachlosig- keit jeden treffen kann. Viele waren überrascht, wen und wie schnell dies geschehen kann. Die Teilnehmenden machten sich während des Camps viele Gedanken darü- ber, sprachen untereinander aber auch mit der Leitung über ihre Ansichten und reflektierten selbstständig ihre eigene Situation und ihren Umgang mit Wohlstand. Es kamen Überlegungen auf, wie man sich auch zu Hause sozial engagieren kann. Eine Teilnehmerin tritt bald ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an und einige Teil- nehmende waren sich sicher, dass dies nicht ihr letztes Workcamp sein würde.“

Annette Fuchs ist Leiterin der Kolping Jugendgemein- schaftsdienste Kolpingwerk Deutschland gGmbH. Friederike Knörzer und Andy Graucklauer haben Workcamps in den USA geleitet.

Web: kolping-jgd.de

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