USA-Special 2022: Deutsch-US-Amerikanischer Jugendaustausch

Deutsch-US-Amerikanischer Jugendaustausch – USA-Special 2022

Rüdiger Muermann: Ja, die Hauptmotivation vieler Gastfamilien ist der große Wunsch nach interkulturel- lem Austausch und nach einem Blick über den Teller- rand. Einige der Familien haben auch selbst deutsche Wurzeln und freuen sich auf die Gelegenheit, diese näher kennenzulernen, indem sie deutsche Austausch- schüler*innen aufnehmen. Das Heraustreten aus der eigenen Komfortzone lockert familiäre Rituale auf und öffnet nicht selten Zugänge zu ganz neuen Blickwinkeln auf die Welt.

Was glauben Sie, warum sind die USA nach wie vor eines der beliebtesten Länder für den internationalen Schüler*innenaustausch? Rüdiger Muermann: Die USA sind in den Köpfen der Jugendlichen weltweit sehr präsent. Durch Filmformate, Serien und Musik kommen auch deutsche Jugendliche von klein auf mit der amerikanischen Kultur regelmäßig in Kontakt. Dadurch entstehen besonders in Bezug auf die USA Teenager-Träume, wie beispielsweise einmal im Leben ein typisch-amerikanisches High-School-Jahr zu erleben. Hinzu kommt, dass der deutsch-amerikanische Schüler*innenaustausch in beiden Ländern durch ver- schiedene Programme schon seit vielen Jahren gefördert wird. Ein Beispiel dafür ist das Parlamentarische Paten- schafts-Programm, über das seit 1983 deutsch-amerika- nischer Austausch durch das Stipendium des Bundestags und des amerikanischen Kongresses ermöglicht wird. Unzählige amerikanische Familien haben bereits Schüler*innen aus Deutschland bei sich aufgenommen. Was motiviert amerikanische Familien, deutsche Gäste in ihrer Familie willkommen zu heißen? Bettina Wiedmann: Ich glaube, zunächst einmal ist es so, dass US-amerikanische Familien generell einfach offen sind dafür, jemanden in der eigenen Familie auf - zunehmen. Sie haben außerdem ein großes Interesse daran, die eigene Kultur mit anderen Menschen zu tei- len. Etwas, was uns Deutschen eher fremd ist, was aber in den USA sehr ausgeprägt ist, ist Patriotismus. Damit einhergehend ist ein unglaublicher Stolz auf das eige- ne Land und die eigene Kultur, weshalb man ein Inter- esse daran hat, andere Menschen daran teilhaben zu lassen. Gleichzeitig haben viele amerikanische Familien aber auch Lust, eine andere Kultur kennenzulernen. Da die USA ein so großes Land sind, ist es für US-Amerika- ner*innen nicht selbstverständlich, international zu ver- reisen. Urlaub wird vor allem im eigenen Land gemacht, und wenn man nicht gerade an den Außengrenzen lebt, hat man häufig wenig Kontakt zu Kulturen außerhalb der USA. Austauschschüler*innen bei sich aufzunehmen ist da ein vergleichsweise einfacher Weg, eine andere Kultur kennenzulernen.

Warum sollten deutsche Familien auch Schüler*innen aus den USA bei sich aufnehmen?

Rüdiger Muermann: Viele unserer ehrenamtlichen Gastfamilien berichten, dass es eine besondere Wir- kung auf das Familienleben haben kann, Schüler*innen aus anderen Kulturen für einen längeren Zeitraum als Familienmitglied zu integrieren. Oft werden die eige- nen Familienstrukturen noch einmal neu gedacht und erfunden! Das Heraustreten aus der eigenen Komfort- zone lockert familiäre Rituale auf und öffnet nicht selten Zugänge zu ganz neuen Blickwinkeln auf die Welt. Für Gastfamilien ist das Aufnehmen von Gastschüler*innen gelebte interkulturelle Verständigung, die Vorurteile in den Köpfen abbaut und den Grundstein für eine offene Völkergemeinde legt. Bettina Wiedmann: All dies kann ich aus unserer eige- nen Erfahrung als Gastfamilie definitiv bestätigen. Ich würde sogar noch weitergehen und sagen, dass es gera- de auch deshalb sehr interessant sein kann, ein Familien- mitglied auf Zeit aus den USA bei sich aufzunehmen, weil wir aufgrund der Medien alle glauben, dass wir die USA gut kennen. Aber die USA sind so viel mehr als McDo- nald´s und Basketball, als Trump und Obama. Die USA sind ein sehr facettenreiches Land, von dem wir oft einen ganz bestimmten, durch die Medien vorgeformten, Ein- druck haben und uns deshalb eine Meinung bilden. Ich glaube, es würde uns allen guttun, einmal eine*n Aus- tauschschüler*in aus den USA bei uns aufzunehmen. Das kann helfen, dieses Land besser zu verstehen und gerade auch dort, wo die Meinungen unterschiedlich sind, die Perspektive der Anderen zumindest nachzuvoll- ziehen, wenn auch nicht zu übernehmen.

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