Eliteness #02 – FR/DE

UMWELT

UMWELT

«DIE BESTRAFENDE ÖKOLOGIE

Elite wird oft als Beispiel genannt, wenn davon beri- chet wird, wie ein Schweizer Unternehmen sich für die Umwelt engagiert. Sein Gesch ftsleiter François Pugliese führte 2010 ein neues Gesch ftsmodell ein, um der Eurokrise und dem starken Franken die Stirn zu bieten. Smart Lease, eine neue Leasing-Variante, erm glicht es Hoteliers, sofort über Matratzen oder vollst ndige Betten h chster Qualit t zu verfügen und nur dafür zu bezahlen, wenn diese auch belegt sind. «Mit diesem Leasing-Modell sind wir als Hersteller dazu angehalten, Matratzen und Betten h chster Qualit t und von m glichst langer Lebensdauer zu schaffen, weil wir ansonsten Geld verlieren würden. Als Gegenentwurf zur eingebauten Alterung – der die Konsumenten nur allzu oft ausge- liefert sind – will ich erreichen, dass Elite einen Bei- trag zur Ver nderung der Konsumwelt leistet, deren Zeit nun anbricht.» Mit der sehr langen Garantie auf seinen verschiedenen Produkten geht Elite in dieselbe Richtung. Hinzu kommen die hand- werkliche Herstellung vollst ndig in der Schweiz, die Verwendung des Holzes (einheimisches Tannen- holz), das im Überfluss verfügbar ist, und eine der neuesten Innovationen: die Federung aus Holz. ELITE, PIONIERUNTERNEHMEN DER KREISLAUFWIRTSCHAFT

Luc Ferry, Ihr letztes Buch tut gut: Es geht darin um Ökolo- gie, aber ohne anklagenden Ton gegenüber den Konsu- menten, die wir nun einmal sind!

Ja, denn wenn man es richtig anstellt, müssen Wachstum und Konsum der Umwelt nicht schaden, im Gegenteil. Wie sagen es doch die Theoretiker der Kreislaufwirtschaft: «Die Natur kennt keine Abfallkübel.»

Alles wird rezykliert. Die industriellen Erzeugnisse sollten sich in Zukunft nach diesem Vorbild richten, sollten «von der Wiege zur Wiege» gehen und nicht mehr «von der Wiege zur Bahre». Die Kreislaufwirtschaft hat dafür eine Allegorie parat, die ich sehr passend finde, die des «ergiebigen Kirsch­ baums»: Er trägt viel mehr Kirschen, als er benötigt, um sich fortzupflanzen, ernährt also auch Tiere undMenschen, und sein Fallobst düngt den Boden … eine ganz andere Sichtweise als die der Wachstumsgegner!

MUSS EIN ENDE HABEN!»

Das Wachstum ist der Treiber (bzw. einer der Treiber) unserer Gesellschaft. Wie kann man also Unternehmer und zugleich Umweltschützer sein?

Wie es der Nobelpreisträger William Nordhaus, einer der Begründer des Ökomoder- nismus, erklärt, ist unendliches Wachstum in einer endlichen Welt durchaus möglich, voraus-

gesetzt, die Unternehmen setzen endlich einige wirklich umwälzende Konzepte um. Die Kreislaufwirtschaft zum Beispiel, oder auch die Entkopplung des Strebens nach Fortschritt von der Zerstörung der Umwelt durch die negativen Auswirkungen der menschlichen Aktivitäten. Entkoppeln und Rezyklieren sind die zwei Grundpfeiler einer nicht bestrafenden Ökologie.

Konsum benötigt Energie; wel- che Quellen wären verlässlich? Sie erinnern ja selbst daran, dass die als die saubersten erscheinenden, etwa die Windenergie, noch weit davon entfernt sind …

Windkraftanlagen verwan- deln unsere Landschaften von Berg und Tal bis Küste in Industriezonen. Sie dena- turieren sie. Dies allein sollte den Umweltschützern genü- gen, um sie abzulehnen. Mehr noch: Sie sind weit davon

Es heisst regelmässig, mit etwas Vernunft käme man schon aus der verfahrenen Situation heraus – weniger konsumieren, regionale Pro- dukte bevorzugen … würde das genügen?

Nein, gar nicht, denn man muss mit der verheerenden linearen Logik der ersten indus- triellen Revolutionen brechen. Die alten Strömungen der poli­ tischen Ökologie, ob revolu- tionär oder reformistisch, sind alle in der bestrafenden Logik

entfernt, CO2-frei zu sein. Man muss nämlich, wie bei den E-Autos, ihre Umweltbilanz mit einrechnen – ihren kompletten Lebenszyklus, von der Herstellung bis zur Verschrottung. Eine Studie der Universität Melbourne von 2014 hat es aufgezeigt: Ihre Kosten, in CO2-Emissionen pro kWh, sind zehnmal höher als bei der Kernenergie, welche, zumindest im Moment, bei Weitem die Energie ist, die dem CO2-freien Ideal am nächsten kommt.

verankert. Die «dauerhafte Entwicklung» ähnelt zu oft einer Art weichemNachgeben: Man verbietet kurze Strecken beim Fliegen und bestimmte Werbung, erhöht die Treibs- toffpreise, erhebt Strafgebühren auf gewissen Autos, aber am Ende des Tages sind diese «Vernunftsmassnahmen» nicht breit genug, um der Klimaerwärmung zu begegnen.

Eine Gesellschaft, in der man Dienstleistungen statt Güter verkauft, könnte das der Weg sein? Damit wäre zumindest das Problem der eingebauten Alterung gelöst.

Alles hängt von den jeweili- gen Produkten ab. Ich muss nicht Kunst oder Schmuck erwähnen, damit klar ist, dass es Dinge gibt, die uns bere- chtigterweise am Herzen lie- gen. Für andere, etwa Autos,

Der Philosoph Luc Ferry war Bildungs­ minister Frankreichs und ist Autor zahlreicher, in rund vierzig Sprachen übersetzter,Werke. Seiner Meinung nach «ist es wenig sinnvoll, heute von der Ökologie in der Einzahl zu sprechen angesichts der Vielzahl und Widersprüchlichkeit der Bewegungen, die den Begriff für sich in Anspruch nehmen». In seinem Buch analysiert er die Konzepte,

Kann unsere Gesellschaft auf Wachstumskurs bleiben, ohne gegen die Wand zu fahren? Ja, findet der Philosoph Luc Ferry, allerdings nicht ohne einen Paradigmenwechsel. Wir haben mit ihm diese Frage erörtert, welcher er sein neuestes Buch gewidmet hat, «Les sept écologies».

müsste man den Gebrauch über den Besitz stellen und sich noch vor der industriellen Produktion überlegen, wie man Güter wieder komplett zurückbauen und rezyklieren kann.

die Überzeugungen und die Vorschl ge, die sie bewegen, und zeigt dann selbst eine komodernistische Alternative zur bestraf­ enden Ökologie auf. Seine Vision der Welt entwirft (endlich) ein grosses, begeisterndes Projekt für eine mit sich selbst und unserem Planeten vers hnte Menschheit.

Text - Sylvie Ulmann, Bild - Gabrielle Ferry

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Luc Ferry: Les sept écologies : Pour une alternative au catastrophisme antimoderne, éd. de l’Observatoire, April 2021, 273 S.

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