Ein Herz für Tiere

Tiefsee-Welten

Kaum zu glauben, aber auch um diese schlanken Röhren, aus denen wie aus Fabrikschloten bis zu 400 Grad heiße, mit schwefel- und stickstoffhal- tigen Mineralien und Schwermetallen angerei- cherte Flüssigkeit aus dem Meeresboden schießt, gibt es jede Menge Leben. Mehr als 300 verschiedene Tierarten wurden bis- lang weltweit an den heißen Quellen am Grund der Tiefsee entdeckt. Thermophile Bakterien und extremophile, marine Pilze etwa, aber auch spe- ziell angepasste Muscheln, Krebse, Seenanemo- nen und zwei Meter lange, in die Höhe ragende Röhrenwürmer mit purpurroten Enden, die sich rhythmisch im Wasser hin und her wiegen. Sie leben in Symbiose mit Bakterien, die – in ei- ner Art lichtloser Photosynthese – die Schwefel- verbindungen, die sie von den Würmern bekom- men, als Energiequelle nutzen, um aus Wasser und Kohlendioxid Kohlenhydrate zusammenzubau- en. Die können wiederum die Röhrenwürmer als energiereiche Nahrung gut brauchen. Das große Leuchten unter Wasser Das Leben in großen Wassertiefen birgt eine große Schwierigkeit in sich: Unterhalb von ei- nigen hundert Metern kommt kein Sonnenlicht mehr an. Schwierig, sich da noch zurechtzufin- den, die Orientierung nicht zu verlieren und vor allem: Nahrung zu finden. Gut aufgestellt ist, wer dann selbstständig Licht erzeugen kann – wie es ein paar Quallen und andere wirbellose Meeres- bewohner, aber auch manche Fische, wie etwa Anglerfisch-Arten, perfekt beherrschen. Mit leuchtenden Fortsätzen locken sie ihre Beu- te in die Nähe ihres Mauls. Das Licht hilft ihnen aber auch, die Futtertiere in der Dunkelheit zu orten. Anglerfische können dies aber nicht allein:

EHfT: Florian, wie muss man sich das Leben eines Forschungstauchers und insbesondere das eines Unterwasser- archäologen vorstellen? Florian Huber: Es ist abwechslungsreich, kein Tag gleicht dem anderen. Wir sind natürlich viel am Tauchen – aber alles, was mit Forschungstauchen und Unterwas- serarchäologie zu tun hat, muss immer genauestens vorbereitet und hinterher auch nachbearbeitet werden. Das heißt, wir müssen uns im Vorfeld überlegen: Wo tauchen wir, welche Genehmigungen brauchen wir, was muss für diesen Auftrag alles erledigt werden. Dement- sprechend müssen wir auch unsere Tauchausrüstung – die Gase, die Flaschen usw. – wählen. Wenn dann getaucht wur- de, kommen wir mit Ergebnissen zurück. Und die müssen ausgewertet werden. Das heißt: Die Bilder müssen entwickelt, die Videos durchgesehen und die Daten in Form eines Berichtes abgegeben werden. EHfT: Wie viele Tage im Jahr sind Sie auf Tauchgängen unterwegs? Und was alles beinhaltet Ihre Arbeit „über Wasser“? Florian Huber: Wir sind etwa 100 Tage im Jahr auf dem Wasser, vielleicht auch ein bisschen mehr. Der Rest ist umfangreiche Vor- und Nachbereitung. Aber neben die- sen reinen Forschungstaucharbeiten bin ich auch als Wissensvermittler unterwegs. Ich halte viele Vorträge für Erwachsene und Kinder, schreibe Bücher, sitze ab und zu in einer Talkshow und erzähle von unserer faszinierenden Unterwasserwelt. Immer wieder drehe ich auch „Terra X“- Dokumentationen, die ich auch moderie- re. Denn das, was wir Faszinierendes ent- decken und erforschen, wollen wir auch einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Unter Wasser gibt es vieles zu entdecken – nicht nur fantastische Tierwesen, son- dern auch längst versunkene Schätze. Dr. Florian Huber hat sich der Leiden- schaft verschrieben, sie neben seiner meeresbiologischen Arbeit zu erfor- schen – und uns von seinem spannenden Leben als Forschungstaucher erzählt. Schiffe, Schätze,

VERSUNKENE SCHÄTZE

„Von Atlantis bis Tita- nic“ von Florian Huber, erschienen als Band 145 in der „Was ist Was“-

Sachbuchreihe, Tessloff Verlag, 12,95 Euro

Die Tiefsee birgt eine unglaub- liche

Arten- vielfalt

VAMPIRTINTENFISCH Entdeckt wurde er während der ersten deutschen Tiefsee- Expedition (1898–1899)

Sie sind auf die Hilfe von Bakterien angewie- sen, die in ihren Angeln leben und das Licht für sie erzeugen. Im Gegenzug bekommen diese Photobakterien Schutz und Nahrung von den Fischen – eine per- fekte Symbiose zweier Lebewesen!

22 EIN HERZ FÜR TIERE / JUNI/JULI 2022

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