Inselgruppe machen. Zu ihnen zählt der Azo- rengimpel. Er wurde fast vollständig ausgerot- tet, denn Raritätensammler machten Jagd auf den kleinen Vogel. Doch auch Farmer der Azo- reninsel São Miguel töteten den grauschwarzen unscheinbaren Vogel, weil er in ihre Obstplanta- gen einfiel und als Schädling galt. Heute sind die Finkenvögel streng geschützt und auf rund 2.000 Exemplare angewachsen. Der Gelbschnabel-Sturmtaucher, auch Sepiasturmtaucher genannt, kommt jedes Jahr wieder auf die Azoren, um zu brüten. Er ist auch ein entfernter Verwandter der Albatrosse und verbringt die meiste Zeit seines Lebens in der Luft. Wie alle Röhrennasen ernährt sich diese Art von kleinen Fischen oder Tintenfischen, aber er frisst auch das auf dem Wasser schwim- mende Plastik. Wenn die „Aua-Aua“-Vögel brüten 500.000 Paare, das sind 80 Prozent des Weltbe- standes, kommen auf den Archipel, um in ei- ne ein bis zwei Meter tiefe Nisthöhle über den Klippen jeweils ein einziges Ei abzulegen. Beide Eltern bebrüten es gleichermaßen rund 55 Tage lang. Die Altvögel sind abwechselnd den ganzen Tag auf Nahrungssuche und füttern das Junge zum Schutz vor potenziellen Feinden nur in der Dämmerung und nachts. Wer im Dunkeln einen Spaziergang entlang der Küste von Pico macht, kann die Rufe der Vögel klar und deutlich hö- ren. „Aua-Aua-Aua“ ertönt es zu Tausenden von einem Felsen an der Küste. Seine besonderen Ru- fe haben dem Gelbschnabel-Sturmtaucher auch den Spitznamen „Aua-Aua-Vogel“ eingebracht. Auch eine Säugetierart ist auf den Azoren zu Hause: Es handelt sich dabei um den sechs Zen- timeter großen Azoren-Abendsegler – eine Fle- dermausart, die nur hier vorkommt.
UNGEWÖHNLICHE VOGELWELT Azorengimpel (o.) und Gelbschnabel-Turm- taucher (r.) bewohnen die Inselgruppe
Walfang kurbelte die Wirtschaft an Doch zurück zu Anteiro Suarez, der erzählt, dass die Wale noch bis in die 1980er-Jahre auf den Azoren gejagt wurden. Der Walfang sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Inseln gewe- sen. Davon zeugen noch die ehemaligen Walfa- briken auf den verschiedenen Inseln. In ihnen wurden die friedlichen Riesen zerlegt und ver- arbeitet – vor allem das Walratöl war als Brenn- stoff in Öllampen in Leuchttürmen und Straßen- lampen gefragt und brachte hohe Gewinne ein. Knochen und Fleisch wurden zu Viehfutter und Düngemittel verarbeitet, und das Ambra aus dem Darm des Wals wurde früher mit Gold aufgewogen und aufgrund des angenehmen Geruchs zur Parfumherstellung verwendet. In den 1950er-Jahren wurden jährlich noch 200 Pottwale pro Jahr erlegt, doch die Zahl sank. 1982 wurde der Walfang offiziell verboten, die vollständige Umsetzung erfolgte 1986. Heute sind die ehemaligen Walfabriken – etwa die Fabrik in São Roque auf Pico und die „Fábrica da Baleia de Porto Pim“ in Horta auf Faial – als Museen ge- öffnet, damit die blutige Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät. Auf Picos Nachbarinsel Faial direkt an der Ma- rina befindet sich ein weiteres Museum, das an die grausige Walfang-Vergangenheit erinnert: Über dem bekannten „Peter’s Café Sport“ zeigt José Henrique Gonçalves Azevedo, der Inhaber des als internationaler Treffpunkt fungierenden Cafés, stolz das Scrimshaw Museum in der ersten Etage. Es beinhaltet eine riesige Kollekti- on von geschnitzten und gravierten Walzähnen. Die kunstvollen Arbeiten mit den verschiedensten Motiven stammen vorwiegend von den geschick- ten Händen der Fischer der Insel, die sich mit diesen Schnitzereien ein Zubrot verdient haben. Heute ist es ein stilles Mahnmal an die Walfang- Vergangenheit.
Es ist doch viel
schöner, die Tiere zu beob-
achten, als sie zu töten
AUF HOHER SEE Innerhalb der Haie gehört der Blauhai zur Familie der Requiemhaie
JUNI/JULI 2022 / EIN HERZ FÜR TIERE 71
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