TITELTHEMA
Lass das – ich hass’ das!
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Hunde gehören für uns ganz selbstverständlich zur Familie. Daher sind wir stets um ihr Wohlergehen bemüht. Aus Sicht der Hunde klappt dies jedoch nicht immer reibungslos. Einiges geht ihnen tierisch auf die Nerven. Wir haben uns mit der Verhaltens- biologin Ariane Ullrich unterhalten, was in der Beziehung zwischen Mensch und Hund verbesserungs- würdig wäre
rfahrene Hundehalter wissen, dass sie einem Vierbeiner nicht in die Augen starren oder sich
Gassirunde das Highlight des Tages. Zumindest theoretisch. Besteht die- se aus 20 Minuten um den Block oder durch den Park hetzen – dann sicherlich nicht. Die Motivation bzw. der Grund- gedanke sollte nicht sein: „Ich muss schnell noch mit dem Hund raus, damit er etwas Bewegung bekommt und sein Geschäft verrichten kann“. Ariane Ullrich wünscht sich bei Spaziergängen mehr Empathie: „Hunde möchten zwar Aus- lauf, aber mindestens genauso wichtig ist ihnen, hier und da stehenzubleiben und in aller Ruhe schnüffeln oder schauen zu können.“ Man stelle sich vor, in eine Konditorei mit lauter leckeren Kuchen zu kommen, aber statt ein wenig naschen zu dürfen, zieht einen ständig jemand an der Leine weiter. Einfach nur lästig und aus Sicht des Hundes egoistisch und un- nötig. Die meisten verhalten sich über viele Stunden des Tages ruhig und liegen in ihrem Körbchen. Dafür haben sie es schon verdient, dass sie beim Gassigehen das Tempo mitbestimmen dürfen. Abwechslung - aber wie? Es ist gar nicht so leicht, die richtige Ba- lance zu finden: Wie viel Abwechslung benötigt ein Hund? Möchte er täglich eine neue Gassirunde, langweilt ihn das immer gleiche Futter oder hat er Bedarf an neuen Hundekumpels? Ver- haltensbiologin Ariane Ullrich meint hierzu „Manche hassen es, ständig neue Hunde mit Spiel beschwichtigen zu müssen, obwohl sie gar keinen Be- darf haben, diese kennenzulernen.“ Sie würden lieber schnüffeln, aber Frau- chen und Herrchen meinen es gut und wollen für Abwechslung sorgen. Wenn ausgelassenes Spiel die Folge ▶
bedrohlich von vorn über ihn beugen sollen. Doch in der Interaktion mit einem Hund gibt es viele weitere Si- tuationen, die Beachtung verdienen. „Leider kommt es oft zu Missverständ- nissen, es fehlt das Wissen, das Ein- fühlungsvermögen oder das Handeln ist egoistisch“, so die Hundeexpertin Ariane Ullrich. „Das bezieht sich nicht immer nur auf uns, aber wir sind nun einmal die Erziehungsberechtigten, haben die Verantwortung und können unser Verhalten bewusst steuern.“ Missverständnisse Die meisten Probleme zwischen Men- schen und Hunden beruhen auf Kom- munikationsproblemen. Dabei sind Hunde wahre Meister darin. Unterei- nander verständigen sie sich perfekt durch Körpersprache und Mimik. Da- her beobachten sie uns ständig genau – und sind immer wieder verwirrt: „Warum schreit Herrchen bedrohlich über die gesamte Hundewiese, reißt die Augen auf und fuchtelt wild mit den Ar- men herum, wenn er auf der anderen Seite verbal wünscht, dass ich zu ihm komme?“ Solche extremen Gegensätze bringen unsere Vierbeiner durcheinan- der. Da sie nicht sprechen können, ist für sie die lautlose Verständigung von größerer Relevanz. Bellen haben sich die meisten nur angewöhnt, weil sie im Laufe ihres Lebens gelernt haben, dass wir darauf reagieren. Das bringt in jedem Fall Aufmerksamkeit, und daran mangelt es in so mancher Beziehung. Aus Sicht der meisten Hunde ist die
Ariane Ulrich
Die Hundetrainerin und Verhaltensbiologin veranstaltet mit ihrem jährlichen kostenlosen "Hundekongress" das wohl größte deutschsprachige Onlineevent rund um den Hund. Mehr Infos dazu unter: www.hundekongress.com
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