Partner Hund

REISE

Rast und Erfrischung an einem Bach im Naturpark Fanes-Sennes-Prags

ne Grenzen. Bei der Beurteilung von Wegschwierigkeiten muss ich künftig das Gewicht meines Rucksacks mit ein- rechnen. Kulturschock am Gardasee Am Morgen des 39. Tages unserer Transalp leuchten uns die ersten Son- nenstrahlen ins Gesicht und baden den Felskessel hinter der Hütte in goldenes Licht. Am Horizont glüht das Alpenpa- norama. Dohlen fliegen um uns herum und geben Ralfi und mir ein berüh- rendes Abschiedskonzert. Und so reiht sich in den letzten zwei Wochen ein Abschied an den nächsten. Nach wald- reichen Etappen im Trentino erlebe ich beim Abstieg nach Malcesine am Gardasee einen Kulturschock. Erst hier wird mir klar, wie abgeschieden wir die vergangenen Wochen unterwegs waren. Wahrscheinlich fällt in diesem Mo- ment der Entschluss, bald wieder auf- zubrechen – länger, naturnaher und mit Zelt. Ralfi hat sich als großartiger Beglei- ter erwiesen, der jeden Morgen bereit- stand und uns beide täglich aufs Neue motiviert hat. Nach gut 500 Kilometern und 23.000 Höhenmetern erreichen wir an Transalp-Tag 50, dem 6 . Okto- ber, Verona. Bei einem Latte macchiato denke ich an all die Momente zurück, die immer in meinem Herzen bleiben werden – erfüllt von Stolz auf meinen Tierheimhelden Ralfi. NADINE REGEL

halb und aus Rücksicht auf andere Men- schen sowie Weide- und Wildtiere bleibt er stets an der Leine. Meine Devise: Ein Kind würde ich auch nicht ungesichert durch schwieriges Gelände steigen las- sen. So gelangen wir abgekämpft, aber glücklich oben an – und genießen den Blick aufs nächste Dolomitenpanorama. Wie schön kann es sein? Abends auf der Regensburger Hütte, wo wir die Nacht verbringen, gönne ich mir meine Lieblings-Trailspeise: Bratkar- toffeln mit Spiegelei – heute mit Pilzen. „Im September im T-Shirt draußen sit- zen – hat man nicht oft“, sagt mein Tisch- nachbar. Recht hat er. Als die Felswände zu glühen beginnen, laufe ich mit Ralfi schnell hinter die Hütte. Wir setzen uns auf die Wiese und be- trachten das Spektakel. Es ist faszinie- rend, wie verbindend so ein Moment sein kann, obwohl wir wahrscheinlich ganz unterschiedliche Dinge betrachten: Ralfi sucht nach Tieren, ich genieße den Sonnenuntergang. Über die Puezhütte ziehen wir wei- ter Richtung Grödner Joch. Auf halber Strecke erwartet uns der grasgrüne Cre- spëinasee. Wie beseelt watet Ralfi ins bauchtiefe Wasser. Er liebt es, im Was- ser nach Steinen zu wühlen – geht aber konsequent nur bis zu den Ellenbogen hinein. Hinter dem Crespëina-Joch und der Cir-Scharte brauche ich eine Pause – wegen akuter Reizüberflutung. „Wie schön kann es eigentlich sein?“, rufe ich den Cir-Türmen zu. Ein anderes Bild zeigt sich auf der Sel- la, die sich direkt gegenüber des Grödner

Jochs erhebt – ein riesiger Gebirgsstock, auf dem sich ein mondähnliches Plateau erstreckt. Die größte Erhebung ist der 3.125 Meter hohe Piz Boé – ein hellgel- ber Felsriegel. Er wird der höchste Punkt unserer Alpenüberquerung bleiben. Fast allein genießen wir auf der Boéhütte den Sonnenuntergang am Piz Boé. In den folgenden Tagen legen wir eine Pause in den ladinischen Ortschaften La Villa im Gadertal und Wolkenstein im Grödnertal ein. Ralfi genießt die Wan- derauszeit zutiefst und schläft viel. Nicht nur ich, auch der Hund braucht unbe- dingt Zeit, um zu regenerieren und die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Über den Naturpark Rosengarten und den Karerpass erreichen wir das Latemargebirge. Die letzte Dolomiten- nacht verbringen wir im Rifugio Torre di Pisa im Südwesten des Latemars – er- schöpft von der mit Abstand härtesten Etappe: Ausgesetzte Passagen und viele Klettereinlagen brachten mich an mei-

Angekommen: Vor der Arena di Verona endet das Abenteuer Alpen- überquerung für Ralfi und mich

74 PARTNER HUND | SEPTEMBER 2025

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