Rheingold

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9 EINE WEINREISE ––

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Ich steige aus der Bummelbahn und stehe direkt im Wingert beziehungsweise der „Weinhalde“, wie es hier heißt. Damit wäre schon mal eine Sorge aus dem Weg geräumt. Die bisherige Strecke der Bahn am Bodensee entlang ließ nämlich kaum auf eine Weinregion schließen. Es gab jede Menge Obstbäume, im Hinterland sogar Hopfen. Eins der ersten Anzeichen des Weins war dieses kleine Feld voller Reben direkt am Bahnhof.

» ICH ACHTE AM MEISTEN AUF DIE SÄURE. DIE MUSS SICH VON GANZ VORN BIS GANZ HINTEN AM GAUMEN DURCH- ZIEHEN, PRÄZISE SOLL SIE SEIN, EIN GERÜST BILDEN. « Jonas Kurek

F ast das ganze 20. Jahrhun- dert über, sagt Jonas Kurek, der mich am Bahnhof eingesammelt hat, habe der Obstbau in der Region Vorrang gehabt. Zwar hat Wein eine jahrhundertealte Tradition am Boden- see, aber erst seit etwa 20 Jahren nimmt seine Bedeutung wieder zu. Dabei sind es vor allem die Winzerinnen und Win- zer aus seiner Generation, die den Bo- densee wieder aus der Vergessenheit zurück auf die Weinkarten und in die Weinkeller der Republik bringen könn- ten. Jonas Kurek zum Beispiel ist her- vorragend ausgebildet, hat bei Hubers (er hat Vater und Sohn erlebt) und beim

WEINGUT KUREK

JUGEND UND STRUKTUR

WEINPROBENENTNAHME IM FASSKELLER

„Eigentlich sollte es ganz lang- sam losgehen. Wir hatten uns das so gedacht, dass ein Teil der Ernte weiter in die Genossenschaft geht und ich nur mit einigen Weinen anfange.“ Aller-

dings gab es darüber Streit mit der Genossenschaft, die nicht auf die guten Trauben der Kureks verzichten wollte. „Um Druck aufzubauen, hat man uns einfach fristlos ge- kündigt“ – Grinsen – „Tja, dann habe ich eben doch die Weine alle sofort selbst gemacht.“ Anfangs musste er viel improvisieren, weil Jonas Kurek auch noch einen Job als Kellermeister im Nachbarort hatte. Er hat in der Nacht bei sich gearbeitet und morgens ist er zum anderen Wein- gut gefahren, zum Glück nur zwei Mal pro Woche. Und wenn doch etwas gemacht werden musste? „Dann habe ich meinem Bruder Zettel geschrieben, auf denen genau draufstand, was er tun muss.“ Dabei wusste der nichts über das Weinmachen, sondern war nur ausführendes Organ. Geschadet hat es den Weinen nicht, immerhin hat das Weingut von Beginn an Auszeichnungen bekommen. 2022 war Jonas Kurek sogar die Entdeckung des Jahres im Ei- chelmann Weinführer. „Und ich hatte gedacht, dass die Weine erstmal nur hier im Umkreis von ein paar Leuten aus den Dörfern getrunken werden …“ Pustekuchen. Es scheint, als würde ihn das Schicksal dazu zwingen, nicht allzu bescheiden zu sein.

Weingut Fürst in Franken gelernt, anschließend noch in Geisenheim studiert. Er weiß exakt, welche Weine er ma- chen möchte und wie er dort hinkommt. „Wir haben hier eine ganze Menge Betriebe, jeder nur mit ein paar Hektar, aber da ist immer ein Weinbauingenieur oder ein studier- ter Önologe oder jemand in der Art dabei. Kann man sich gar nicht vorstellen, wie viel Know-how hier auf engstem Raum sitzt.“ Er schaut mich an und macht einen seiner tro- ckenen Witze: „Da können sie in Baden nur von träumen!“ Jonas Kurek ist insgesamt ein wahnsinnig offener, freundlicher Typ, der gern erzählt, mich ganz unverstellt in seine Pläne einweiht und der auch zugibt, wenn mal etwas nicht funktioniert hat. Wie zum Beispiel der Start in die eigenen Weine. Sein Vater und Großvater haben zwar ne- ben Äpfeln (von denen Jonas Kurek immer noch einige Felder hat) auch Trauben angebaut, aber nie selbst Wein gemacht.

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SEPTEMBER 2023

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