IJAB journal 1|2022: Nachhaltig unterwegs

Krieg gegen die Ukraine

Die Geflüchteten sind Teil unserer Gemeinschaft

Inzwischen hat sich die Situation stabilisiert. Die Hälfte unseres Gebäudes wird jetzt zum Lagern und Verteilen von Spenden genutzt. Wir haben hier Spielzeug, Spiele, Kinderwagen und mehr – alles was Kinder brauchen. Das alles sind Spen - den und es ist wirklich erstaunlich, wie schnell die Leute verstehen, was gebraucht wird, und wie bereitwillig sie es hergeben. Wir haben hier ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl und das ist auch etwas, das mir sehr hilft. Wir versuchen, unsere Unterstützung professio - neller werden zu lassen. Viele der Geflüchteten sind traumatisiert. Die Workshops mit Militärpsy - chologen haben mir geholfen zu verstehen, was in ihnen vorgeht. Uns ist es außerdem wichtig, dass sich die Geflüchteten hier zuhause fühlen, dass sie Teil unserer Gemeinschaft werden und kein Fremdkörper sind. Auch dafür versuchen wir uns fortzubilden und auszutauschen.

Das ist sehr weit weg von dem, was du als Jugendarbeiterin bisher gemacht hast.

Ich bin jetzt wieder zuhause in Bila Zerkwa. Bei Luftalarm sind wir aufgefordert, uns im Treppenhaus aufzuhalten, weil das sicherer sein soll. Ich weiß nicht, ob das stimmt – wir haben ja alle die Bilder aus Kyjiw und Charkiw ge - sehen. Das wichtigste ist: Ich arbeite jetzt wieder. Unser Jugendzentrum ist jetzt ein Registrierungszentrum für Geflüchtete. Wir kümmern uns jeden Tag um das Gebäu - de und um die Geflüchteten. Wir reden mit ihnen, geben ihnen Informationen, wo sie eine Unterkunft, Kleidung, Lebensmittel und einen Arbeitsplatz bekommen können. Einige von ihnen sind buchstäblich nur mit dem, was sie am Leib trugen, zu uns gekommen.

Ja, andererseits habe ich auch das Workcamp als Me - thode wiederentdeckt und das ist ja etwas, was ich von meiner Zeit bei SCI in Deutschland kenne. Die NGO Buil - ding Ukraine Together (BUR) bietet Workcamps an, und ich habe an einem ihrer Workcamps in Drohobytsch im Westen der Ukraine teilgenommen. Die Idee von BUR war ursprünglich, Freiwillige aus der Westukraine in die Ostukraine zu bringen, um dort Kriegsschäden zu besei - tigen. Das war einerseits praktische Hilfe, andererseits hat es geholfen, gegenseitige Vorurteile abzubauen. We - gen des Krieges kann man das im Augenblick natürlich nicht machen, aber die Ziele bleiben. In Drohobytsch haben wir ein Studentenwohnheim renoviert, das jetzt als Unterkunft für Geflüchtete dient. Mir hat das riesigen Spaß gemacht. Ich hatte keine Ahnung, wie man eine Wand verputzt, aber wenn man professionelle Anleitung bekommt, dann geht es. Auch die Arbeit mit den ande - ren Freiwilligen und die vielen Kontakte in Drohobytsch,

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