IHK-Magazin Ausgabe 7/2024

TITELTHEMA | MANNHEIM

GEMINI PHARMCHEM MANNHEIM „Die Menschen sind es gewöhnt, dass nebenan produziert wird.“ Weshalb das Industrieunternehmen Gemini PharmChem nach Mannheim kam? Iryna Fedortsova, Finanzdirektorin und Vorstandsmitglied, dazu im Interview

höchste Qualitätsstandards. Das betrifft strenge Umwelt- auflagen ebenso wie Test- und Zulassungsverfahren. Davon profitieren unter anderem die Patienten, weil die Produkte in hoher Reinheit hergestellt werden und weniger Neben- wirkungen haben. Im Vergleich zu Produzenten in Indien und China sind die Investitionen in Material, Personal und Qualitätssicherungsprozesse hier aber wesentlich höher, so dass wir im Kostenwettbe- werb nicht bestehen können. Dazu kommen aufwändige Genehmigungsprozesse. Zum Beispiel wollen wir ein Lager für Rohstoffe auf dem Gelände an einen anderen Standort ver- legen, es geht nur um wenige Meter, aber das dauert schon drei Jahre. Das ist zu lange und bindet Arbeitskapazitäten. Auch die Flexibilität bei den Arbeitskräften ist nicht immer gegeben. Die Arbeitszeiten an die Nachfrage anzupassen, also auszuweiten oder zu- rückzufahren, ist nur schwer möglich. Gleichzeitig sind die Löhne in Deutschland mit die höchsten in der EU. Große Unterstützung erfahren wir durch die Stadt Mannheim, etwa wenn es um die Suche nach Zuschüssen oder Förder- möglichkeiten geht. Unseren Standort in Mannheim zu halten, wird künftig aber nicht einfach sein. So sind wir auch offen für strategische Partner und hoffen auf die Implemen- tierung neuer Wirkstoffe.

Warum hat sich Ihr Unterneh- men ausgerechnet Mannheim als Produktionsstandort aus- gesucht? Fedortsova: Das ist einem Zufall geschuldet. Die schwei- zerische Synbias AG, zu der wir gehören, war auf der Suche nach einem geeigneten zwei- ten Herstellstandort – neben dem Standort in der Ukraine. Es entstand ein Kontakt mit dem Geschäftsführer der insol- venten Weylchem Mannheim GmbH, und schnell war klar, dass der Standort in Mann- heim ein großes Potenzial mit sich bringt. Damals spielten die Stabilität in Deutschland sowie niedrige Finanzie- rungskosten eine ausschlag- gebende Rolle. Weil auf dem Gelände schon immer che- mische Produkte hergestellt worden waren, gab es auch einen Bestandsschutz für die Gewerbefläche. Das war auch ein Vorteil, was die angrenzen- den Wohnhäuser betrifft, die Menschen waren es gewöhnt, dass nebenan produziert wird. Auch die Logistik mit guter Anbindung an Frankfurt und Hamburg hat für Mannheim gesprochen. Und so wurden die Produktionsanlagen zwi- schen 2014 – direkt nach dem Kauf des Geländes – und 2019 aufgebaut. Was sind die größten Heraus- forderungen? Fedortsova: Gemini ist auf dem europäischen Markt registriert und erfüllt so

Die Herstellung von Wirkstoffen für die Chemotherapie ist hochkomplex. Wer in der Gemini PharmChem-An - lage arbeitet, muss Schutzkleidung tragen. Das Werk ist so gebaut, dass keine Substanzen nach außen dringen können.

Frau Fedortsova, was macht Gemini PharmChem? Iryna Fedortsova: Anthrazy- klin-Zytostatika-Wirkstoffe herstellen. Das sind Spezial- wirkstoffe, die in der Krebsme- dizin eingesetzt werden, etwa zur Behandlung von Brust- krebs oder Blasenkrebs. Die Substanzen, mit denen wir in unserem Werk arbeiten, sind hoch toxisch und extrem teuer. Die Jahresproduktion liegt bei 200 Kilogramm. Zudem verfügt Gemini über ein For- schungs- und Entwicklungs- team zur Etablierung weiterer Wirkstoffe.

9.152 BETRIEBE mit 199.000 Beschäftigten sind in Mannheim angesiedelt. QUELLE: BUNDES- AGENTUR FÜR ARBEIT

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IHK Magazin Rhein-Neckar 07 | 2024

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