TITELTHEMA | PANDEMIE
und die Kundenbeziehungen aufrechterhielt, aber viel Aufwand verursachte. Hinzu traten lagebedingte Proble- me im Grenzgebiet zu Hessen und Bayern, wie Müller berichtet: „Die Kurzfristigkeit und Unberechenbarkeit der staatlichen Verordnungen war sehr belastend.“ Auch die Organisation der Soforthilfen empfand der Kaufmann als nicht angemessen: „Hier sind falsche Erwartungen ge- weckt worden. Engagierte Unternehmer mussten die Hil- fen oft vollständig zurückzahlen“. Müller hätte sich eine klare Kommunikation von staatlicher Seite gewünscht. Seit März 2022 besserte sich die Lage: Nun strömten die Kunden wieder in das Eberbacher Ladengeschäft. Der Abholservice wird kaum noch in Anspruch genommen. Allerdings sei die Konsumstimmung durch den Russland- Ukraine-Krieg mittlerweile wieder eingetrübt.
Modehaus Müller GmbH & Co. KG (Textil und Mode, Eberbach, 33 Beschäftigte) Die Lockdown-Maßnahmen schränkten das Modehaus Müller massiv ein. „Es war keine schöne Zeit“, formuliert Ge- schäftsführer Dietrich Müller mit einem gehörigen Maß Under- statement. Zunächst musste das Ladengeschäft vollständig geschlossen bleiben. Später war ein Abholservice möglich, der zwar gut angenommen wurde
In der Pandemie machte Dietrich Müller die Erfahrung, dass die Bedingungen der Corona-Hilfen nicht klar genug kommuniziert wurden.
tion auf Vorrat und Beantragung von Kurzarbeitergeld. Die Informationen über geltende Regelungen waren aber oft uneindeu- tig und damit kei- ne Hilfe. „Es wäre
Hoffmann GmbH (Stanz- und Erodiertechnik, Reilingen, 72 Beschäftigte) Auch bei der Hoffmann GmbH galt es schnell zu reagieren, die Mitarbeiter durch eindeutige Hygieneregeln und Mas- ken zu schützen, den Produktionsprozess aufrechtzuerhal- ten und damit die Arbeitsplätze zu sichern. Mit einer klaren und kontinuierlichen Kommunikation der beschlossenen Maßnahmen schuf der Metallverarbeiter Vertrauen bei den Beschäftigten. Doch die Lage war nicht einfach, die Aufträ- ge brachen ein. „Corona hat uns viele schlaflose Nächte ge- kostet“, berichtet Geschäftsführerin Dr. Sandra Michel (im Bild mit Mit-Geschäftsführer Jürgen Hoffmann). Das Motto war „Fahren auf Sicht“: Sicherung der Liquidität, Produk-
hilfreich gewesen, wenn die Ansprechpartner in Finanzamt und Arbeitsagentur erreichbar gewesen wären“, berichtet Michel. Obwohl sich die Lage zwischenzeitlich entspannt hat, machen dem Unternehmen nun Lieferkettenprobleme und gestiegene Rohstoffpreise zu schaffen.
Geschäftsführerin Dr. Sandra Michel hätte sich gewünscht, die Ansprechpartner in Finanzamt und Arbeitsagentur besser zu erreichen.
Meter Abstand wahren, aber unsere Bühne ist nur vier mal vier Meter groß“, wundert sich Theater-Chef Florian Kaiser noch heute. Zum anderen passten die staatlichen Hilfen schlecht: Es dominierten Hilfsangebote für Soloselbststän- dige und Förderungen von Medley-Formaten, beides für eine Wanderbühne schlecht geeignet. Eine Umstellung auf Streaming-Angebote kam nicht in Frage, wie Kaiser erklärt: „Filmen ist nicht unser Geschäft. Und das Naturerlebnis spielt bei uns als Freilufttheater eine wichtige Rolle.“ Für ihr Outdoorkonzept, das jetzt wieder verwirklicht werden kann, wurde die Wanderbühne gerade für den DTHG Weltenbauer Award nominiert. „Das hilft uns sehr, denn unsere Situation ist noch schwierig“, erklärt Kaiser: „Das Publikum entschei- det kurzfristiger. Wir fahren auf Sicht.“
Theater Carnivore (Wanderbühne, in der Rhein- Neckar-Region unterwegs, Ensemble in freier Zusam- menarbeit) Für das Theater Carnivore be- gann mit der Pandemie eine besonders schwere Zeit. Die Wanderbühne konnte ihre Frei- luftaufführungen kaum realisie- ren. Da waren zum einen manche der Hygieneauflagen: „Wir sollten beim Sprechen zueinander sechs
Florian Kaiser stellte fest, dass die Hilfs- und Förderformate im Kulturbereich primär auf Soloselbstständige zielten.
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IHK Magazin Rhein-Neckar 05 | 2022
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