IHK-Magazin Ausgabe 05/2022

STANDPUNKT

Zeitenwende auch in der Finanz- und Wirtschaftspolitik!

E rst die Pandemie, dann der russische Überfall auf die Ukraine. Politik, Ge- sellschaft und Wirtschaft bleiben im Krisenmodus. Was heißt das für die Finanz- und Wirtschaftspolitik? Welchen Einfluss haben diese Krisen auf die ökologische und digitale Transformation sowie die Bewälti- gung des Fachkräftemangels? Und was brau- chen die Unternehmen, um diesen Wandel gestalten zu können? Über diese Themen hinaus gibt es zwei große Herausforderungen, die sowohl Aspekte der Krisenbewältigung als auch strukturellen Herausforderungen haben: die drohende Energiekrise und die finanzielle Stabilität des Systems. Angesichts der gigan- tischen Herausforderungen bedarf es aus meiner Sicht einer Zeitenwende auch in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. In der Juli- Sitzung der IHK-Vollversammlung haben wir eine entsprechende Resolution mit konkre- ten Forderungen an die Politik verabschiedet und uns intensiv damit auseinandergesetzt, wie wir als Wirtschaft mit den Preissteige- rungen für Energie und einer möglichen Gas-Rationierung umgehen müssen. Die Auswirkungen der Energiekrise für die Unternehmen der Region sind zum Teil bereits jetzt gravierend, nicht alle können die Preissteigerungen aushalten. Mein dringender Appell Richtung Politik: Gerade die Unternehmen, die schon in den

ihrem Geschäftsbetrieb stark beeinträchtigt wurden, dürfen bei einer Gas-Triage nicht schon wieder als „nicht systemrelevant“ durch das Raster fallen. Die Folgen wären fatal! Mit besonderer Sorge blicke ich auch auf die hohe Inflation und deren wirtschaft- lichen, politischen sowie gesellschaftlichen Folgen. Die undisziplinierte Haushaltspolitik vieler EU-Länder und die damit einherge- hende lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank waren der Nährboden, auf dem sich aus Angebotsstörungen in Folge von Pandemie und Krieg die Inflation verfestigen konnte. Die Politik hat jetzt die schwierige Aufgabe, die Krisen zu bewältigen, den Struk- turwandel zu unterstützen und gleichzeitig der Geldentwertung energisch durch einen Abbau der Lücke beim Angebot entgegen- zuwirken, bevor sich die Inflation verfestigt: Alle staatlichen Ausgaben müssen auf den Prüfstand gestellt und Inflationstreiber ge- zielt bekämpft werden. Ebenso muss eine Lohn-Preis-Spirale verhindert werden, um eine galoppierende Inflation abzuwenden. Die Angebotsseite muss ebenfalls dringend dadurch gestärkt werden, dass die Innovati- ons- und Investitionskraft der Unternehmen entfesselt wird. Mögliche Zinssteigerungen dürfen nicht dazu führen, dass die dringend notwendige Investitionsbereitschaft der Unternehmen gebremst wird. Investitionen müssen zum Beispiel umgehend durch eine Neuauflage von zins- vergünstigten KfW-Darlehen ermöglicht werden!

64,5 PROZENT Füllstand der Gas-Speicher in Deutschland zum 15. Juli 2022 QUELLE: BUNDESNETZAGENTUR

Alle staatlichen Ausgaben müssen auf den Prüfstand gestellt und Inflations- treiber gezielt bekämpft werden.“

vergangenen zwei Jahren durch staatlich verordnete Einschrän- kungen und Schließungen in

Manfred Schnabel Präsident der IHK Rhein-Neckar

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IHK Magazin Rhein-Neckar 05 | 2022

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