Astrid lebt und arbeitet seit zwei Jahren in einem kleinen Dorf im Osten von Guinea. Da sie gelernte Krankenschwester ist, kommen regelmässig Menschen mit allen möglichen Beschwerden zu ihr, um sich behandeln zu lassen – und dabei hat Astrid auch immer wieder Gelegenheit, für sie zu beten. Am Morgen früh um fünf Uhr weckt mich der Muezzin. Hähne krähen von den Dächern. Bald höre ich die Mama, meine Hausmutter, draussen Reis stampfen für das Frühstück. Ich stehe auf, gehe zum Plumpsklo hinaus. Die Leute grüssen mich mit Segnungen und ich grüsse zurück. Dann gehe ich hinauf zum Hügel, um Zeit alleine mit Gott zu haben – um Bibel zu lesen, zu beten, Fragen zu stel- len und mich von seiner Gegenwart ermutigen zu lassen. Als ich wieder im Dorf bin, warten schon Leute auf mich, die sich behandeln las- sen wollen. Mit meinen begrenzten Sprachkenntnissen versuche ich herauszu- finden, was ihnen fehlt und sie entweder selber zu behandeln oder an die rich- tigen Stellen zu verweisen. Auch ein schwerkrankes Baby wird vorbeigebracht – ich gebe ihm Malariamedikamente und hoffe und bete, dass es überlebt. Zwi- schen den Behandlungen versuche ich, etwas zu essen. «Sie läuft auf Gottes Weg» Unser Nachschub an Malariatests ist endlich im Gesundheitszentrum in der Stadt angekommen. Der Mann, der mir jeweils beim Durchführen der Tests hilft, möchte, dass ich mitkomme, um sie abzuholen. Er befürchtet, dass er sie nicht erhält, wenn er alleine geht. Ich setze mich hinten auf sein Motorrad. Die Strasse ist rutschig und plötzlich fängt es stark an zu regnen. Wir sind beide innert Se- kunden total durchnässt. Ich sehe nichts mehr, aber er kennt die Strassen und ist ein geübter Fahrer und so fährt er weiter. Nach einer Stunde sind wir dort. Zum Glück erhalten wir die benötigten Tests. Wir machen uns auf den Rückweg – die Strasse ist inzwischen zu einem Bach geworden und an einigen Stellen waten wir zu Fuss durchs hohe Wasser. Zuhause ziehe ich neue Kleider an und versu- che, mich am Feuer zu wärmen. Schon stehen wieder Leute vor meiner Türe, die sich behandeln oder für sich beten lassen möchten. Ein Nachbar erzählt den an- deren, dass der Mann, der unter starker Epilepsie litt, keinen Anfall mehr hatte, seit ich für ihn gebetet habe. Der Dorfpapa erklärt den Leuten jeweils: «Wir sind Muslime, sie nicht. Aber sie läuft auf GottesWeg, macht das, was ihm gefällt – sie lügt nicht, stiehlt nicht und kümmert sich um die Menschen. Gott liebt sie und hört auf sie.» Duschen unter dem Sternenhimmel Gegen Abend gehe ich beim Koranlehrer vorbei. Er liest gerade die Bücher Mose durch. Ab und zu kann ich ihm erzählen, was ich mit Gott erlebt habe. Als ich nach Hause komme, essen wir Reis und grillieren Mais am Feuer. Ich neh- me Wasser, um mich unter dem Sternenhimmel zu duschen. Als ich wieder bei den anderen sitze, kommen plötzlich grosse Falterkäfer raus – sie schwirren um uns herum und fliegen uns in die Haare. Wir fangen so viele, wie wir können, um sie am nächsten Tag zu grillieren und zu essen. Es ist eine grosse Ernte, bis nach Mitternacht sind wir dran und es gäbe noch viel mehr zu fangen. Das erin- nert mich an die Geschichte mit den Jüngern und den Netzen voller Fische. Ich wünsche mir, dass eines Tages so viele Leute kommen, die Jesus kennenlernen möchten, dass wir mit der Arbeit gar nicht mehr fertig werden. Ein Tag im Leben von Astrid
toirs und so weiter rollstuhlgängig werden. Trotz Fortschritten in diesem Bereich und Verankerung im Gesetz ist es noch ein weiter Weg. Dennoch wollen wir alles tun, was in unseren Kräften steht, um möglichst vielen Menschen die Reintegration im beruflichen, sozialen und geistlichen Leben zu ermöglichen. Zudem möchten wir weitere Grund- lagen scha en, damit einheimische Mitarbeitende diese Arbeit mit viel Motivation und Dynamik wei- terführen können. Glücklich über die Fortschritte Eine Geschichte aus der Reha-Arbeit, die mich im- mer wieder bewegt: Nach einem Autounfall, welcher eine teilweise Lähmung der Arme und eine vollstän- dige Lähmung der Beine zur Folge hatte, verbrachte die 15-jährige Ana einige Zeit im Spital. Nach ihrer Entlassung lag sie die meiste Zeit auf dem Bauch, da sich beim Sitzen Druckgeschwüre am Gesäss bildeten. So verbrachte sie fünf Jahre ihres Lebens liegend. Eine holländische Krankenschwester hörte von ihrem Schicksal und fuhr mit der jungen Ana 900 Kilometer weit, um sie in unser Reha-Zentrum nach Mapunda zu bringen. Hier wurde mehrere Monate lang versucht, die Hüften und Knie von Ana durchzubewegen, um ihr das Sitzen im Rollstuhl zu ermöglichen. Schliesslich wurden die Chirurgen des Spitals der Evangelischen Allianz auf Ana auf- merksam. Durch Durchtrennung der Hüftknochen (eine Hüfte wurde beim Unfall zertrümmert) ist in- zwischen eine gewisse Mobilität gewährleistet. Ana sowie ihre Mutter, welche die Tochter mit viel Liebe versorgt, sind glücklich über diesen Fortschritt. Die Behandlung wird allerdings weitere Wochen, wenn nicht Monate in Anspruch nehmen. Wir ho en aber, dass Ana durch hartes Training bei uns im Rehazent- rum bald normal in einem Rollstuhl sitzen und durch weitere Übungen ihre Hände und Arme noch besser gebrauchen kann.
Das Krankenhaus mit einer Behinderung verlassen
In den Achtzigerjahren wurden immer mehr Kriegs- verletzte ins Spital von Kalukembe gebracht. Ich war sehr traurig darüber, dass die Patienten zwar erstversorgt und ihre Verletzungen behandelt wur- den, sie das Krankenhaus dann aber doch oft mit einer bleibenden Behinderung verliessen. Auch nach «normalen» Krankheiten oder Unfällen wurden die Menschen oft zu Invaliden, weil nur vereinzelte Pflegepersonen mit den Patienten Krankengymnas- tik machten. Diese Umstände brachten uns dazu, damit anzufangen, die Patienten mit Gymnastik zu fördern und die Abteilung für chronisch Kranke in «ELAVOKO» (= Hoffnung) umzubenennen. Bald da- rauf begannen wir, das Krankenpflegepersonal ge- zielt in Rehabilitation auszubilden. Reha-Arbeit weitet sich aus Im Oktober 1994 wurde das Spital Kalukembe ge- plündert und war danach für einige Zeit nicht mehr funktionstüchtig. Nach und nach wurde deshalb in verschiedenen Gesundheitszentren unserer Partner- kirche IESA mit ambulanter Rehabilitation begon- nen. Diese Arbeit und ihre Auswirkungen auf die Patienten wurden im Laufe der Zeit über die Region hinaus bekannt und an immer mehr Orten wurde mit Rehabilitation begonnen. In allen Gesundheitszentren der IESA spielen auch seelsorgerliche und geistliche Aspekte eine wichtige Rolle. So gibt es beispielsweise jeden Tag eine Mor- genandacht. Ausbildung von Einheimischen Derzeit liegt ein Fokus unserer Arbeit darauf, junge Mitarbeitende nachzuziehen, welche eine Berufung für diese Arbeit haben. Wir bilden neues Personal berufsbegleitend aus und senden einzelne Fachleu- te für eine Weiterbildung ins Ausland. In den letzten Jahren hat die Physiotherapieausbildung in Ango- la so richtig Fuss gefasst. Andere wichtige Berufe im Blick auf Rehabilitationsarbeit, wie zum Beispiel Ergotherapeut oder Sozialhelfer, sind jedoch noch praktisch unbekannt. Eine unserer Herausforderungen besteht darin, Ar- beitsplätze für invalide Menschen zu scha en und dafür einzustehen, dass öffentliche Gebäude, Trot-
Elisabeth GAFNER, Rehabilitatiosarbeit
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Astrid, ProTIM 2-2-2 Nord
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