Midi-Einsatz
im TSCHAD
Es ist 14.30 Uhr mittags, oder abends, wie man im Tschad sagt. Draussen herrscht sengende Hitze, kein Windhauch regt sich auf der Station. Sogar die Fliegen hocken träge in den Büschen. Kein Mensch ist zu sehen. In den Häusern geht es uns etwa wie den Fliegen, wir halten Mittagsruhe. Er- schöpft von der Hitze werden wir uns noch mindestens eine halbe Stunde ausruhen, bis es dann weitergeht. In den neun Monaten, die ich nach mei- ner Matura im Tschad verbringen durfte, habe ich das oft erlebt – und auch genossen! Diese ein bis zwei Stunden Zeit für mich, neben all der Hektik, taten gut. Ein Allround-Job Ich arbeitete in der vor zwei Jahren eröneten Schule, die derzeit aus zwei Klas- sen besteht, in der Bibliothek und auch in der Administration mit. In der Schule habe ich an zwei Vormittagen den Lehrer der 1. Klasse unterstützt. Ich war im Unterricht dabei und habe vor allem den schwächeren Schülerinnen und Schü- lern geholfen, Hefte korrigiert, Stifte gespitzt oder auch mal einen Unterrichtsteil geleitet. Alle‚meine‘ Kinder sind mir sehr ans Herz gewachsen! In der an zwei Tagen geöneten Bibliothek habe ich jeweils einen Tag mitgear- beitet und erledigte, entweder alleine oder gemeinsam mit jemand anderem, die Arbeit der Bibliothekarin, Aufpasserin und Büchersortiererin. Hier kam ich mit verschiedenen Jugendlichen in Kontakt. Da es in der Gegend kein vergleich- bares Angebot gibt, marschierten viele eine weite Strecke, um zu unserer winzi- gen Bibliothek zu kommen. Den anderen Bibliothekstag übernahm die gleichaltrige Mitpraktikantin Marie. Mit ihr wohnte ich auch zusammen. In der Schule half sie in der gleichen Klasse wie ich mit, so konnten wir uns oft austauschen. Gemeinsam lernten wir Ara- bisch und machten Besuche im Dorf, was uns beiden viel Spass machte. Wäh- rend der Zeit im Tschad entstand eine vertrauensvolle Freundschaft zwischen Marie und mir. Experimente gewagt – neue Erfahrungen gewonnen Mein Glaube wurde im Tschad neu gestärkt. So habe ich mich auf Experimente eingelassen, die ich hier in Europa vielleicht nie gewagt hätte. Ein gutes Erlebnis war zum Beispiel das Fasten. Vor Ostern beschlossen Marie und ich, jeden Freitag in der Fastenzeit zu fasten, also gar nichts zu essen und nur Wasser, Tee oder mal einen Kaee zu trinken. Dafür nutzten wir die Zeit, um zu beten oder zusammen Lobpreislieder zu singen. Etwas anderes war die‚veillée‘ (Wache). Das bedeutete, gemeinsam mit vielen anderen Jugendlichen die ganze Nacht hindurch zu unse- rem Gott zu singen, zu tanzen und zu beten. Ich erlebte aufs Neue, dass ich Gott vertrauen kann in Bezug auf meine Zukunft, aber auch im Hier und Jetzt. Eine solche Vertrauensprobe beispielsweise waren die Finanzen. Vor dem Einsatz erwähnte ich im Gottesdienst meiner Heimatge- meinde schüchtern, dass alle, die mich unterstützen möchten, auf mich zukom- men sollen. Es war eine Gebetserhörung, dass einige Leute, auch meine Eltern, der SAM jeden Monat Geld für mich überwiesen. Ich hatte immer mehr als ge- nug! Dieser Kurzzeiteinsatz hat mich in vielerlei Hinsicht verändert und geprägt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Salome FEHR: ehemalige Kurzzeiterin im ProRADJA`, Tschad
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