Mein Haus & Grund - Heimspiel

STANDPUNKT 39

Die Wohnung als dritte Haut

zum Leben. Ein Bischof ist Seelsorger und „leitender Angestellter“ seiner Glaubensgemeinschaft. Er ist vor allem ein Mensch, der mitten im Leben steht. Wie unsere Leserinnen und Leser muss er sich mit unserer Gesellschaft auseinandersetzen, hat ähnliche Bedürfnisse und Sorgen. Und wie jeder Mensch schätzt er die Privatheit in den eigenen vier Wänden. Damit schließt sich der Kreis, denn Küche und Bad gehören genauso zu jeder Wohnung, wie Leib und Seele zusammengehören. Und was die Seele betrifft, dafür ist ein Seelsorger der richtige Ansprech- partner. Wir freuen uns, dass Bischof Gothart Magaard sich für unsere Fra- gen ein wenig Zeit genommen hat. 1. Seit Mai 2014 sind Sie Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein. Jetzt im verfl ixten siebenten Jahr – dank Corona? Mein Arbeitsalltag hat sich erheblich verändert – kaum Gottesdienste oder Besuche im Land, dafür Homeoffi ce, Videokonferenzen und Telefonate. Vor allem begleitet mich die Sorge um die Menschen: Viele sind extrem belastet oder verunsichert, und vielen fehlt die Gemeinschaft. Wie können wir als Kirche für die Menschen aufmerksam und ansprechbar bleiben? Doch ich bin zuversichtlich, dass wir diese herausfor- dernde und schwierige Zeit überstehen und danach zu neuen Begegnungen zusammenkommen und sogar zu neuen Möglichkeiten aufbrechen werden. 2. Einer Ihrer thematischen Schwer- punkte bei Amtsantritt war die Lebenssituation von Familien und Kindern. Sind wir, sind Sie da voran- gekommen? Es gibt großes Engagement, gerade im Blick auf Kinder, die von Armut bedroht aufwachsen. Trotzdem kann noch vieles verbessert werden. Die Hinweise, dass wir durch die Pandemie in unseren

Bemühungen zurückgeworfen werden, besorgen mich daher sehr.

3. Die Lebenssituation von Familien wird wesentlich von den Wohnver- hältnissen bestimmt. Können Sie da zufrieden sein? Nach wie vor gibt es für Familien jeder Konstellation zu wenig bezahlbaren Wohnraum in angemessener Qualität und Größe. Wir wissen, dass beengtes Wohnen Stress verschärft und dass der Ort, in dem ich wohne, so etwas wie unser e „Dritte Haut“ ist, also empfi nd- lich und kostbar. Daher sollten gerade fragile Familienkonstellationen einen besseren Zugang zu stabilen Wohnver- hältnissen haben. 4. Diese Ausgabe unseres Magazins behandelt die Themen Küchen und Bäder. Da kommt einem der Ver- gleich „Leib und Seele“ in den Sinn. Was – außer vielleicht Essen – hält Leib und Seele zusammen? Alles, was uns so sehr fehlt: Familienle- ben, Freundeskreise, Kolleginnen und Kollegen, unbeschwerte Begegnun- gen, Feiern und Geselligkeit sowie das kulturelle Leben mit Konzerten, Kino und Museen. Ich vermisse zudem das gemeinsame Singen. 5. Laufen wir als Gesellschaft ange- sichts der vielfältigen Ablenkungen und teilweise als Bedrohung emp- fundenen Veränderungen Gefahr, unseren Kompass zu verlieren? V iele Menschen empfi nden die Welt als immer unübersichtlicher. Doch auch, wenn die Durststrecke im Moment noch lang ist und viele sehr mit sich selbst beschäftigt sind, scheint mir der Kompass auch in unübersichtlichen Zeiten grundsätzlich noch zu stimmen: Wenn, wie jetzt in der Pandemie, Verantwortung für die Schwächsten in der Gesellschaft übernommen wird und sich vielfach Nachbarschaftshilfe und Solidarität zeigen. >>

Verantwortung für das Gemeinwohl

Das wird man einem Bischof kaum absprechen können: Er trägt Verantwortung für seine Kirche, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt. Was sind das für Menschen, die sich dieser Aufgabe stellen? Mit einem davon haben wir gesprochen. Bischof Gothart Magaard ist seit 1. Mai 2014 Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche.

Ein Magazin von Haus & Grund, noch dazu mit dem Thema „Kü- chen und Bäder“ und darin dann auch noch ein Interview mit einem Bischof? Warum eigentlich nicht? Denn die Kirche gehört zu unserer Gesellschaft, wie Haus und Grund

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