EDITORIAL
Liebe Leser*innen, mit einer Auslandserfahrung junger Menschen verbinden wir vor allem positive Wirkungen. Der Blick auf die Welt weitet sich, Vorurteile werden abgebaut, junge Menschen nehmen die Dinge selbst in die Hand und werden ein aktiver Teil der Gesellschaft. Aber leider ist nicht jeder Auslands- aufenthalt eine gute Erfahrung. Internationaler Austausch bringt besondere Rahmenbedingun- gen mit – das erste Mal ohne die Eltern von zu Hause weg, eine fremde Sprache, unbekannte kulturelle und rechtliche Kontexte, der Aufenthalt in einer Gastfamilie oder die gemeinsame Zeit in einer Gruppe während einer Jugendbegegnung. Umstände also, die von Täter*innen gezielt für sexualisierte Gewalt genutzt werden können. Da- gegen könnten Schutz- oder Präventionskonzepte helfen. Jedoch ergab eine Online-Befragung der Universität Kassel für das Verbund- und Transfer- projekt „SchutzJu – Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit & Jugendsozialarbeit“, dass 47 % der befragten Mitarbeitenden der Internationa- len Jugendarbeit in ihrer Organisation über kein Schutzkonzept verfügen und 15 % der Befragten nicht wissen, ob ein solches Konzept vorliegt. Die Gastautor*innen und Interviewpartner*innen, die wir für unser Fokusthema „Internationale Jugendarbeit und sexualisierte Gewalt“ gewin-
auseinanderzusetzen, damit für junge Menschen der Aufenthalt im Ausland eine gute Erfahrung ist und nicht mit einem Trauma endet. Wie sagte eine unserer Interviewpartnerinnen? „Ich schlafe als Geschäftsführerin viel ruhiger, wenn ich weiß, dass das Thema bei uns nicht tabuisiert wird.“ Das Jahresende ist üblicherweise die Zeit für Glückwünsche. Leider lässt uns nicht alles mit Hoffnung ins neue Jahr blicken. Die kommende Bundestagswahl, ein neuer US-Präsident, geringe Fortschritte beim Kampf gegen den Klimawandel, die fortdauernde Aggression Russlands gegen die Ukraine – all dies verunsichert. Aber die Welt steckt nicht nur voller schlechter Nachrichten. Mit unserer neuen Rubrik „Weitwinkel – internationa- le Perspektiven“ wollen wir den Blick auf Entwick- lungen und Ereignisse richten, die unsere Arbeit beeinflussen. In der vorliegenden Ausgabe von beyond nehmen wir Sie mit nach Schweden, zum UN-Zukunftsgipfel und in die Ukraine. Dieses Mo- nitoring internationaler Entwicklungen ist nicht nur wichtig für die Internationale Jugendarbeit, es ermöglicht der gesamten Kinder- und Jugendhilfe eine Blickumkehr, die für unser Arbeitsfeld prä- gend ist, und damit verbunden Impulse für eine allzu oft selbstbezogene nationale Diskurskultur. In unserer Rubrik Forschung reisen wir diesmal von Nord nach Süd und von West nach Ost. Wir erhalten Einblicke in die neue Jugendstudie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu Südosteuropa und in partizipative Ansätze bei der Förderung der psy- chischen Gesundheit junger Menschen in Norwe- gen und Simbabwe. Bei so vielen interessanten Inhalten kann ich nun doch noch zu den Glückwünschen zum Jahres- wechsel kommen. Ich wünsche Ihnen besinnliche Feiertage und ein gesundes, erfolgreiches und glückliches 2025.
nen konnten, bestätigen leider die Erkenntnisse der Wissenschaft. IJAB ist seit Ende 2021 Praxispartner im Teilprojekt „SchutzJu“, das sich mit der Prävention sexualisierter Gewalt und der Unterstützung bei der Implemen- tierung partizipativer Schutzkonzepte befasst. Im Rahmen dieses Projekts arbeitet IJAB mit über 40 Partneror- ganisationen zusammen, um beste- hende Schutzkonzepte zu analysieren, weiterzuentwickeln und an die spe- zifischen Anforderungen der Inter - nationalen Jugendarbeit anzupassen. Einige Ergebnisse möchten wir Ihnen in dieser Ausgabe von beyond vor- stellen. Zugleich möchten wir Ihnen Mut machen, sich mit diesem Thema
Ihr Daniel Poli
Daniel Poli, Direktor von IJAB
2
Made with FlippingBook - Online catalogs