beyond 2|2024
den eingebunden sind. Jugendbanden bestehen oft aus gleichaltrigen Freunden, die gemeinsam Straftaten begehen, während kriminelle Netzwerke hierarchisch gesteuert werden, von entwickelten Kontaktnetzwerken abhängen und Zugang zu Drogen und Waffen haben. Der Hauptgrund, warum kriminelle Netzwerke Kinder und Jugendliche beauftragen, ist die Verringerung der Risiken für ältere Bandenmitglieder*innen. Junge Rekrut*innen gehen große Risiken ein, wenn sie mit Drogen oder Waffen hantieren, so dass ältere Bandenmitglieder*innen einen Sicherheitsabstand einhalten können. Ein weiterer Grund, warum vor allem junge Menschen angeworben werden, ist, dass sie sich häufig mit einer geringeren Entschädi - gung zufriedengeben. Auch die derzeitigen Strafnachlässe für junge Menschen tragen dazu bei, dass immer mehr Kinder in die organisierte Kriminalität verwickelt werden.
gendlichen auswirken. Kinder verbringen ihre Freizeit im Freien, unbeaufsichtigt, in einem öffentlichen Raum, den sie mit Kriminellen teilen. IJAB: Wie hat sich die Jugendarbeit in den letzten Jahren aufgrund dieser Entwicklungen verändert und wie werden junge Menschen von den Banden rekrutiert? Lena Nyberg: Kinder und Jugendliche werden sowohl in digitalen Foren als auch in ihrem alltäglichen Umfeld für die organisierte Kriminalität rekrutiert. Wenn es um physische Kontakte geht, haben Studien gezeigt, dass es vor allem Kinder sind, die andere Kinder in kriminelle Netzwerke rek- rutieren. Typischerweise bezieht ein Jugendlicher im frühen bis mittleren Teenageralter ein etwas jüngeres Kind mit ein. Kinder und Jugendliche, die in Bandenkriminalität verwi- ckelt sind, haben in der Regel einen Hintergrund mit einer Kombination verschiedener Risikofaktoren. Oft können wir die Nähe zur Kriminalität in ihrer Wohngegend be- obachten. Für Kinder, die in einem Gebiet mit vielen Risi- kofaktoren leben und kriminell aktive Menschen in ihrer Nähe und ihrem Umfeld haben, wird Kriminalität leicht zu einem natürlichen Teil des Lebens. Für manche Kinder er- scheinen etablierte Kriminelle in der Gegend als Vorbilder, die ihnen das Bild vermitteln können, dass Kriminalität lukrativ ist, Status und individuellen Erfolg bringt. Die neueste Entwicklung ist, dass die Anwerbung sogar in digitalen Foren stattfindet. Was früher in Wohngebie - ten und über einen längeren Zeitraum hinweg stattfand, geschieht nun digital und viel schneller. Kriminelle Netz- werke können im Grunde jeden jungen Menschen errei- chen, der diesen Foren beitritt. Es ist offensichtlich, dass ein schwieriger sozialer Hinter - grund ein gemeinsames Merkmal der kriminellen Jugend- lichen ist. Aber wir sehen auch, dass junge Menschen, die ein gut funktionierendes Alltagsleben haben, zur Schule gehen, Freizeitaktivitäten nachgehen, zu Hause wohnen und der Polizei völlig unbekannt sind, in schwere Verbre- chen verwickelt werden.
IJAB: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Migration und Kriminalität unter jungen Menschen? Was sagt das über die schwedische Politik und Gesellschaft aus?
Lena Nyberg: In der allgemeinen Debatte wurde u. a. festgestellt, dass der Trend zu mehr organisierter Kriminalität und Gewalt mit mangelnder Integration und einem hohen Maß an Migration, beengten Wohnverhält- nissen und Segregation zusammenhängt. Auch eine man- gelnde Akzeptanz von Gesetzen und Regeln bei Jungen, die sich nicht als Teil der schwedischen Gesellschaft fühlen, wird in der allgemeinen Debatte als möglicher Grund ge- sehen. Wir sehen, dass Probleme mit kriminellen Netzwer- ken oft mit problematischen Gebieten zusammenhängen, in denen Kriminelle großen Einfluss haben. Die Situation für Kinder, die in solchen Umgebungen aufwachsen, ist durch mehrere Risikofaktoren auf einer eher strukturellen Ebene gekennzeichnet. Dabei kann es sich um Faktoren wie Ausgrenzung, negative Folgen der Segregation und Er- fahrungen mit Diskriminierung und Armut handeln. Auch allein das Wohnen in bestimmten Wohngebieten oder das Problem von Wohnen auf zu engem Raum kann sich negativ auf die Entwicklung von Kindern und Ju-
35
Made with FlippingBook - Online catalogs