EIN LEBEN LANG IM EINSATZ Im kommenden Oktober sind es 40 Jahre, seit ich das erste Mal nach Kamerun ausgereist bin. Mit- te März diesen Jahres, am Tag
Vom Wandel der Zeit Vor 40 Jahren herrschte in der transkul- turellen Arbeit noch der Gedanke vor: «Wir bringen den Afrikanern etwas.» Gemeint war die Hoffnung, die Nach- richt vom Gott der Liebe, der durch Je- sus eine Beziehung zu ihm möglich ge- macht hat. Doch wie vermittelt man diese Botschaft auf Augenhöhe? Wie helfen wir unseren Gastgebenden, die- se zu verstehen, ohne sie zu bedrän- gen? Und wie leben wir sie im Alltag vor? Mehr und mehr entdeckten trans- kulturelle Mitarbeitende und Einheimi- sche, dass wir voneinander lernen und uns gegenseitig ergänzen können. Bei- spielsweise sind Beziehungen in Afrika wichtiger als Pünktlichkeit. Und Afri- kaner/innen können besser als wir mit widrigen Gegebenheiten leben und ge- duldig sein. Was sich bestimmt gelohnt hat, war die Investition in Ausbildung und Beglei- tung. Zusammen mit transkulturellen Kolleg/innen haben wir in der medizini- schen Arbeit über Jahre und Jahrzehn- te afrikanische Mitarbeitende ausgebil- det, sie in Überlegungen und Planungen einbezogen. Schrittweise übernahmen sie Verantwortung und wir haben sie gecoacht. Meist wurden Schulabgänger/innen in einer internen Ausbildung an die Auf- gaben in den Kliniken herangeführt. Von einer theoretischen Schulbildung mit viel Auswendiglernen geprägt, war es neu für sie, das Gelernte umzuset- zen. Entsprechend gross war die Ent- deckung, wie interessant Lernen sein kann, wenn es eine logische Verbindung
zum Alltag und zur Arbeit gibt! Inzwi- schen haben viele dieser Personen Di- plome erworben und mehrere sind Lei- tende von Geburtenstationen, Labors oder ganzen Klinik-Teams und machen ihre Sache richtig gut. Seit mehreren Jahren liegt die Gesamtverantwortung der medizinischen Arbeit in afrikani- schen Händen. Daher konnte ich mich vermehrt anderen Aufgaben widmen. Sich gegenseitig bereichern Oft ist ein langer Atem nötig, um Ver- änderungen zu bewirken. Einsatzleis- tende haben bei einem längeren Ein- satz die Chance, Kultur und Sprache gut kennenzulernen. Gegenseitiges Ver- trauen kann entstehen und wachsen. Und vielleicht sind mit der Zeit auch Früchte der Anstrengungen zu sehen. Kurzzeit-Mitarbeitende können durch Fachwissen oder neue Ideen Teams be- reichern oder Langzeitmitarbeitenden Freiräume schaffen, damit diese sich auf ihre Aufgaben und Kontakte kon- zentrieren können. Ob und was sich gelohnt hat, das kann allein Gott beurteilen! Meinerseits kann ich jedenfalls sagen: ich betrachte die vielen Jahre in Afrika als grosse Berei- cherung.
meiner Rückkehr von meinem letz- ten offiziellen Kamerun-Einsatz, lautete der Bibelvers des Tages: «Gedenke des ganzen Weges, den dich der Herr, dein Gott, ge- leitet hat diese vierzig Jahre in der Wüste … um zu erkennen, was in deinem Herzen ist.» 5. Mose 8,2 40 Jahre war auch ich unterwegs – aber 40 Jahre Wüste? Sicher, es gab Zeiten der Trockenheit, Schwierigkei- ten, Konflikte, Erschöpfung und Rück- schläge. Aber es war der Weg, der für mich bestimmt war. Es gab Schwäche und Zweifel, und manches Mal war ich enttäuscht über mich selbst. Aber Jesus war da, er hat mich nie verlassen. Hat es sich gelohnt? In den 40 Jahren habe ich gelernt, anpassungsfähig zu sein: Das ständige Hin und Her zwi- schen verschiedenen Kulturen; das Zu- hausesein in so unterschiedlichen Wel- ten – oder das Nichtwissen, wo ich zuhause bin; schöne und auch heraus- fordernde Teamkonstellationen; Be- reicherung durch Mitarbeitende aus ganz verschiedenen Kulturen; immer wieder Abschied nehmen von lieb ge- wordenen Kolleg/innen und Bezugs- personen; das Entdecken einer ande- ren Kultur und Denkweise; interessante Aufgaben erfüllen mit immer wieder anderen Schwerpunkten; faszinierende Landschaften verbunden mit dem Aus- halten der grossen Hitze usw.
Hannah W. Ehem. in Kamerun im Einsatz
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