MIBA Miniaturbahnen

Auf dem Streckenabschnitt zwischen Buchen- bach und Rotwangen (Berg) hat BR 75 mit ih- rem Personenzug gerade den Überwald-Tunnel verlassen. Unmittelbar hinter dem Tunnel wird die Bahnstrecke durch eine Überführung von der Buchenbacher Landstraße gekreuzt. mit eine Zugtrennung der letzten Wagen- einheit direkt im Bahnhof riskieren! Der Zug setzt sich langsam in Bewegung. Vor- sichtig wird die Weichenstraße passiert und der Ng 3112 rollt vorbei am Bahn- steig. Hinter dem Bahnübergang an der Buchenbacher Landstraße nimmt der Zug langsam Fahrt auf. Die Geschwindig- keit des Ng 3112 wurde vom alten Ober- maier auf 30 km/h angeordnet, schneller darf der Zug mit dieser Fracht nicht fah- ren. Die Kommunikation zwischen Lok- führer und Bremser findet über die Pfeife statt. Nach etwa fünf Minuten Fahrzeit errei- chen sie das Lautaschbacher Viadukt. Ab hier fällt die Strecke bis zur Küferei an der Landstraße nach Rotwangen ab. Lok- führer Wartweil gibt Bremser Butz per Pfeife das Signal, die Bremse des letzten Wagens langsam anzuziehen. „Der Zug darf im Gefälle keine Fahrt aufnehmen“, sagt Wartweil zum jungen Jakob, als er langsam die Bremse der 94 schließt. Ja- kob steht sichtlich angespannt neben ihm und hofft, dass sich die Erfahrung der beiden altgedienten Eisenbahner bezahlt macht. Nach weiteren zehn Minuten Fahrzeit – sie kommen Jakob wie eine Ewigkeit vor – passiert der Ng 3112 das Schotterwerk und erreicht das Ende des Gefälles. Lokführer Wartweil und Brem- ser Butz haben es sogar geschafft, den Zug vor dem Bahnübergang an der Küfe- rei auf die vorgeschriebenen 15 km/h abzubremsen. Jakob ist sehr erleichtert. Die restliche Strecke sollte jetzt auch noch klappen. Verklemmt Kurz hinter dem Bahnübergang gibt Lok- führer Wartweil das Pfeifsignal zum Öff- nen der Bremsen. In der Annahme, dass Bremser Butz die Bremse gelöst hat, öff- net Wartweil langsam den Regler der 94. Indessen kämpft der alte Butz immer noch lautstark mit der scheinbar ver- klemmten Bremse. Sein lautes Fluchen wird plötzlich durch ein unheimliches Krachen und Rutschen vor sich übertönt. Mit aller Gewalt versucht er die Bremse zu öffnen, doch ohne Erfolg, Die Fichten- stämme rutschen vom Schemel des letz- ten Wagens. Das schreckliche Geräusch ist bis in den Führerstand der BR 94 zu

Auch im Bahnhof Bu- chenbach wird, wie zu jener Zeit üblich, Milch per Eisenbahn abtransportiert. Der Knecht des Bauern Hupfauer liefert die gefüllten Milchkan- nen mit seinem Las- tenfahrrad direkt an die Ladestraße ab. Fotos: Horst Meier

Verlängerte Fracht Während Jakob der Schrecken über die imposant anmutende Fracht förmlich ins Gesicht geschrieben steht, sieht der er- fahrene Lokführer Wartweil die gesamte Lage etwas entspannter. Er hatte ja auch immerhin im Laufe seiner Dienstjahre schon so einige dieser Wagen mitgeführt. „Wir müssen nur ein paar Besonderhei- ten beachten, dann ist das überhaupt kein Problem“, grummelt er vor sich hin. „Das Wagenpaar wird am Ende des Zugs eingestellt. Dies ist wichtig, da hier am wenigsten Zugkraft auf den Stämmen las- tet. Der hintere Wagen dieser Einheit darf in diesem Fall auch nicht gebremst wer- den. Allerdings haben wir das Problem,

dass wir sonst keinen anderen Wagen mit funktionsfähiger Bremse im Zugverband haben.“ „In diesem Fall können wir nicht auf einen Bremser auf dem letzten Wagen verzichten“, mischt sich der alte Kronau- er ein. „Ihr benötigt einen erfahrenen Bremser mit Fingerspitzengefühl. Auf dem letzten Wagen werde ich euch den Joseph Butz mitgeben, der hat in seinem Leben schon so einige Bremsen geschlos- sen und geöffnet.“ Es dauert ungefähr eine weitere Stun- de, bis die Rangiertätigkeiten in Buchen- bach abgeschlossen sind. Kurz vor 11 Uhr steht der Ng 3112 dann schließlich zur Abfahrt bereit. Sehr behutsam öffnet der alte Wartweil den Regler der BR 94 – nur nicht zu schnell anfahren und da-

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MIBA-Miniaturbahnen 7/2022

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