Traktor Classic

Primus P 22

DER BESONDERE SCHLEPPER

Klassenprimus

Mit dem P 22 betätigte sich die damals noch in Berlin-Lichtenberg ansässige Primus-Traktorengesellschaft 1938 als Pionier des Ein- heitsschleppers. Ihr Gründer und Chef Johannes Köhler hatte bei der ebenfalls in Berlin beheimateten Getriebefabrik Prometheus die Entwicklung desTreckertriebes ASS 14 vorangetrieben, welcher ein 4/1-Gang-Getriebe zuzüglich Zapfwellen-, Riemenscheiben- und Mähantrieb sowie Hinterachse in einem Block vereinte, damit praktisch einen kompletten Hinterwagen bildete und den Fahr- zeugbau damit erheblich erleichterte. Nach Kombination mit dem zum Einheitsmotor erkorenen, 22 PS starken Deutz-Zweizylinder F2M 414 fehlte zum kompletten Schlepperrumpf nur noch der Vorderachsträger. Bald darauf folgten viele Hersteller diesem Beispiel, doch die rundliche Kühler- und Motorverkleidung blieb ein charakteristisches Erkennungs- merkmal der Primus-Erzeugnisse. Bis 1942 wurden in Lichtenberg etwa 1.500 dieser Bauernschlepper gebaut, nach dem Krieg ging es im oberbayerischen Miesbach weiter. Charmantes Extra Ungefähr auf halber Strecke von Berlin ins 600 Kilometer südwest- lich gelegene Miesbach, am Rande des thüringischen Landstädt- chens Ziegenrück an der Saale, spürte Johann Horstkamp diesen P 22 im Oktober 1992 auf. Gut zwei Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung stand der Oldtimer in Diensten eines Klein- bauern, der damit das Futter für sein Selbstversorgungs-Vieh trans- portierte. Die im Laufe eines halben Jahrhunderts entstandene Patina und die großräumige Holzkabine Marke Eigenbau verleihen dem Fahrzeug einen ganz speziellen Charme. Bei näherem Hin- sehen offenbart sich auch der geradlinige, übersichtliche Aufbau. Selbst die linke Motorseite wirkt ausgesprochen aufgeräumt. Getreu dem Motto „Was nicht dran ist, kann nicht kaputtgehen“ wird nicht zuletzt die mit dieser Einfachheit einhergehende Pflegeleichtigkeit zur enormen Lebensdauer beigetragen haben, daneben aber vermutlich auf die Tatsache, dass motorisierte Hof- helfer für Privatleute in der DDR stets Mangelware blieben und entsprechend gepflegt wurden. Klaus Tietgens

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