Straßenbahn Magazin

Ulm

Als Vertreter der Moderne darf Avenio M Nummer 55 das Jubiläum bewerben

Z u r Eröffnung fuhren drei der acht vor- handenen Straßenbahnwagen mit viel geladener Prominenz vom Münster- platz hinüber nach Bayern, wo am Neu-Ulmer Bahnhof die bayerischen Ehren- gäste zustiegen. Danach führte die Fahrt zu- rück nach Württemberg, wo eine Runde auf der Ringlinie rund um die Stadt, wieder zum Münsterplatz und zum Ulmer Bahnhof führte. Im nahe liegenden Saalbau fand an- schließend die offizielle Eröffnungsfeier statt – wir schreiben das Jahr 1897. Lob für die Tram Im Jahr 2022 versammeln sich um 10 Uhr nahezu 600 geladene Ehrengäste an der Stelle des ehemaligen ersten Betriebshofes am heutigen Willy-Brandt-Platz, damals an der Olgastraße gelegen. Heute ist dieser Ort Teil der Schwambergerstraße, über das damalige Betriebsgelände führt die Münchener Straße diagonal hinweg – nur die Griesbadgasse und die Straße Am Zundeltor umfassen wie damals die westliche und südliche Begren- zung des Areals. Nacheinander betonen der Ulmer Ober- bürgermeister Gunter Czisch, die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger und der Geschäftsführer der SWU-Verkehr Ralf Gummersbach die herausragende Bedeutung der Straßenbahn als modernes, leistungsfä- higes und unverzichtbares Verkehrsmittel in der württembergisch-bayerischen Doppel- stadt an der Donau. Gegen 10:30 Uhr for- miert sich der Korso zur Fahrt durch die Stadt nach Söflingen, angeführt vom ältesten historischen Wagen 13, 1906 von der Ma- schinenfabrik Augsburg-Nürnberg MAN mit der zweiten Lieferung von Straßenbahn- wagen nach Ulm gekommen. Es folgen nach ihren Baujahren der Triebwagen 13 von 1910, der Magirus-Omnibus O 3500 von 1949, der Straßenbahnzug mit Esslinger Triebwagen 1 von 1958 mit seinem Beiwa- gen von 1951, welcher aufgrund der anste- henden Anlieferung von weiteren sechs Ave- nio M NGT 6 UL unmittelbar vor der Veranstaltung von 65 in 35 umgezeichnet wurde. Nun folgt der GT 4 Nummer 10 von 1964, dann kommen die Omnibusse 219 aus dem Jahr 1982 und 374 von 1988. Die mo- derne Generation Straßenbahnwagen vertre- ten der Combino M NGT 6 UL Nummer 47 und der Avenio M NGT 6 UL Nummer 55.

Als modernster Omnibus für Ulm beschließt ein erst am Vortag als erster von zunächst vier bestellten eCitaro angelieferter Wagen. Korso durch die Stadt Punkt 11 Uhr, die Ehrengäste haben sich auf die bereitgestellten Fahrzeuge verteilt, setzt sich der Korso in Bewegung. Auf historischer Strecke geht es vom ehemaligen Betriebshof über die von der Polizei gesperrte Kreuzung am Willy-Brandt-Platz durch die Olgastraße, dann sammelt sich der Korso kurz an der Theaterkreuzung und fährt weiter zum Ulmer Bahnhof. Nun auf der Streckenfüh- rung von 1967 zum Ehinger Tor mit kurzem Sammeln vor der Kreuzung mit dem Bis- marckring erreicht man schließlich auf der Linienführung von 1906 durch die Wagner- straße über den Theodor-Heuss-Platz Söflin- gen. Dort eingetroffen, fahren die Wagen – nun ganz normal signalisiert – zurück zum Theater, wo die Fahrgäste aussteigen, um sich zur Zeitblom-/Ecke Neutorstraße zu bege- ben, wo die Verpflegungszone und die Sou- venirstände aufgebaut sind. Hier präsentiert sich auch der äußerlich und lauffähig aufge- arbeitete neue Beiwagen 24 der Öffentlich- keit. Der Magirus-Haubenbus O 3500 wird kurz darauf ebenfalls hier zur Besichtigung aufgestellt. Die Fahrkarten für die nachmit- täglichen Fahrten der historischen Straßen- bahn-Garnituren und der historischen Om- nibusse 219 und 374 finden reißenden Absatz. Viertelstündlich fährt an der Halte- stelle auf dem Wendegleis in der Zeitblom-

straße ein alter Straßenbahnwagen ab, ab- wechselnd zum Science-Park II, nach Bö- fingen sowie nach Söflingen, letzteres kombi- niert mit dem Linienast zum Kuhberg. Die Busse fahren halbstündlich nach Ludwigs- feld. Es herrscht Volksfeststimmung, und nach den Beschränkungen durch Corona sind die Menschen hungrig nach freier Bewe- gung, nach Erlebnissen und – ein wenig nach Abenteuer Vergangenheit. Die vier Linienäste und die Busstrecke durch Neu-Ulm nach Ludwigsfeld, die durch die Fahrplangestal- tung alle dreiviertel Stunden von wechseln- den Fahrzeugen befahren werden, sind eng gesäumt von Fotografen, die alles auf die Chips ihrer Kameras bannen, was Räder hat – auch die modernen, planmäßig verkehren- den regulären Bahnen und Busse. Neuzugang 24 Dank des strahlenden Sonnenwetters, der exakten Vorplanung sowie der zuverlässig und pünktlich verkehrenden, bestens gepflegten historischen Fahrzeuge war diese Veranstal- tung zum 125-jährigen Bestehen der Ulmer Straßenbahn ein voller Erfolg, waren Fahr- gäste und Besucher mehr als zufrieden, viel- fach regelrecht begeistert – und voll des Lobes. Und wer Geduld hatte und bis zum Ende blieb, dem bot sich kurz vor 18 Uhr noch ein besonderes Schmankerl – die Rückführung des Beiwagens 24 zum Betriebshof hinter dem GT 4 10, wie es Mitte der 1980er-Jahre Alltag war und auch in Zukunft in Ulm wieder öfter be- obachtbar sein wird. C LAUDIA T UGEMANN

Die Großraumwagen sind für viele DAS Gesicht der Ulmer Straßenbahn

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STRASSENBAHN MAGAZIN 7 | 2022

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