Straßenbahn Magazin

Fahrzeuge

Z usammen mit Marseille und Lille ist Saint-Étien- ne eine der drei französischen Städte, in denen die Tram die Stilllegungswelle der Nachkriegsjah- re überlebt hat. Die im Zentralmassiv gelegene Hauptstadt des Départements Loire verfügt seit 1907 über ein elektrisch betriebenes Meterspur- netz. Anfang der 1990er-Jahre stand der Ersatz der hochflurigen PCC-Wagen an, weshalb Alsthom die Zusammenarbeit mit der Düwag und der Schwei- zer Firma Ateliers de constructions mécaniques de Vevey suchte. Diese hatten durch die Entwicklung und Produktion von meterspurigen Mittelflur- wagen ab 1984 für Genf und 1989 als Niederflur- wagen für Bern Erfahrungen gesammelt. Während Alsthom seine Erfahrungen mit dem TFS einbrachte und im Konsortium federführend war, lieferte die Düwag die Gelenke und Drehstel- le, während Vevey die Wagenkästen und Faiveley die Falttüren fertigte. Die neuen TFS-Einrichter für Saint-Étienne waren als Gelenkwagen konzipiert. Bei einer Länge von 23,04 Metern und einer Breite von 2,1 Metern lag in der Fahrzeugmitte im Nieder- flurbereich die Einstiegshöhe bei 35 Zentimetern über Schienenoberkante. Bei vier Einstiegstüren betrug die Kapazität 43 Sitz- und 204 Stehplätze (acht Personen/m²). Die Gestaltung der Kopfform lehnt sich klar an den TFS2 von Grenoble an. Die erste Serie von 15 TFS wurde in Saint-Étien- ne im Dezember 1991 zeitgleich mit der 2,5 Kilo- meter langen Neubaustrecke der Linie 4 von Ter- Sonderfall Saint-Étienne

Der Einrichter 912 in Saint-Étienne von der Türseite ist auf der Linie T1 auf der Hauptachse durchs Stadtzentrum im Einsatz. Im Hintergrund steht die 1902 eröffnete Préfecture de la Loire

rasse bis Hôpital Nord in Betrieb genommen. Da zu diesem Zeitpunkt die PCC-Wagen weiterhin im Einsatz waren, besaßen die neuen TFS anfänglich Stangenstromabnehmer mit Gleitschuh, wodurch sich ein für moderne Fahrzeuge ungewohnter Anblick bot. Erst nach der Außerbetriebnahme der

PCC im Sommer 1998 wurden die Stangenstrom- abnehmer durch Einholmstromabnehmer ersetzt. Gleichzeitig wurde eine zweite Serie von weiteren 15 TFS nach Saint-Étienne geliefert. Diese hatten von Anfang an Einholmabnehmer, die weiterhin am Fahrzeugheck platziert waren.

Zeichnung des Fahrzeugs für Saint-Étienne mit angedeutetem Stan- genstromabnehmer: Das Fahrzeugkonzept ähnelt den Genfer Mittel- flurwagen (siehe Zeichnung in Heft 5/2024). Saint-Étienne bevorzugte trotz Einrichtungsversion Abteilsitze SLG. AXEL REUTHER

Der meterspurige Einrichter 914 aus der ersten Lieferserie in Saint-Étienne vor dem Haupt- bahnhof Châteaucreux am 6. Dezember 2024: Ungewohnt ist der Stromabnehmer am Fahr- zeugheck, wo einst der Stangenabnehmer mit Gleitschuh platziert war

Der Innenraum ist nicht mehr original: Die Sitze sind gleich wie jene der ab 2016 gelieferten Urbos von CAF. Im Niederflur- bereich der Meterspur-TFS gibt es nur ein Minimum an Sitzgelegenheiten. Auch mit dieser Maximierung auf Stehplatzkapazi- tät kommen die Wagen zu Spitzenzeiten schnell an ihre Fassungsgrenze und können dem hohen Fahrgastaufkommen nicht immer gerecht werden

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STRASSENBAHN MAGAZIN 9 | 2025

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