Straßenbahn Magazin

Stuttgart

Groche Anfang 1970 den neuen Streckenast der SSB in den Stadtteil Freiberg einweihte, gab er als Parole des Tages aus: „Ich möchte in Zukunft nur noch U-Bahn-Strecken eröffnen.“ Anfang 1974 wurde das U-Bahn-Konzept auf ganze zwei Linien konkreti- siert, den Ansturm auf den ÖPNV aufgrund der Ölkrise von 1973 im Rücken. Doch Rezession, wegbrechende Steuereinnahmen und die erneut kippende Einwohnerzahl dämpften die Ambitionen rasch. Der Bund warf Stuttgart 1975 aus dem Förderprogramm, die SSB sprach von einem Schock. Nun berappelte sich die Stadt zu „einem Kompromiss – die Stadtbahn“ auf. Das auf dieser Grundlage entwickelte Konzept – Nutzung und Ausbau der Tunnelstrecken, oberirdisch so viel gesonderter Gleiskörper wie möglich, im Ausnahmefall straßenbündige Abschnitte – wurde 1976 vom Gemeinderat gutgeheißen. Der Beschluss zur Umstellung auf Vollspur, dessen Tragweite vermutlich von den wenigsten Beteiligten außerhalb der SSB erkannt wurde, war inklusive. Vom U-Bahn- zum Stadtbahnwagen Der Fahrzeugverantwortliche der SSB, der Ex-AEG-Elektro(schienenfahrzeug) techniker Hermann Bosch, entwickelte auf Grundlage des seinerzeit geplanten Standard-Stadtbahnwagens Typ A eine Ableitung für Stuttgarter Verhältnisse. Dieses Fahrzeug sollte U-Bahn-Elemente enthalten, aber weiterhin am Stra- ßenverkehr teilnehmen können, was seine Breite auf 2,65 Meter beschränkte. 1979 gab die SSB beim Hersteller MAN drei Prototypen für den nun S-DT 8 geheißenen Fahrzeugtyp (Doppeltriebwagen Typ Stuttgart mit acht Achsen) in Auftrag. Die Novizen wurden 1982 für ausgedehnte Probefahrten an die Albtalbahn Karlsruhe geliefert. Der erste Planbetrieb in Stuttgart wurde im Juli 1983 auf dem Abschnitt Stuttgart-Möhringen nach Plieningen der Über- landlinie 3, die damals noch nicht „U3“ hieß, aufgenommen. Im Laufe des Jahres 1985 begann die Serienlieferung von 40 DT-8-Einhei- ten. Am 28. September des gleichen Jahres startete der offizielle Planbetrieb der „Stadtbahn Stuttgart“ auf der Linie 3, im April 1986 folgte die erste die Stuttgarter City querende Langlauflinie 1. Bis Ende 2007 wurde das gesamte Stuttgarter Straßenbahnnetz in Etappen auf Vollspur umgebaut – und war zu

diesem Zeitpunkt um ein Drittel größer als 1976 geplant. Ab 2002 wurden zwei weitere Linien in das Stadtbahnnetz einbezogen. Dazu kamen vorher und seither drei markante Verlängerungen ins Umland – ein Zeichen für die Attraktivität des Stadtbahnsystems, das heute über 130 Kilometer Strecken- länge bei einem Fahrzeugpark von 224 Einheiten umfasst. Weitere Ergänzun- gen sind beschlossen. HANS-JOACHIM KNUPFER Aus Sicht der 1970er-Jahre wurde – schon vom staatlichen Zu- schussgeber her – für das Ziel breiterer, größerer und schnellerer Fahrzeuge nur die Vollspur diskutiert. Dass die Schweiz Schnellzüge längst mit Vierer-Sitzteilen und Tempo 80 auf Meterspur fuhr, hatte sich wohl nicht bis Bonn herumgesprochen…

Im Jahr 2012 stellte die SSB die zwölfte Serie an Stadtbahnwagen „Typ Stuttgart“ vor, den S-DT 8.12, nun erstmals vom Hersteller Stadler. Heuer ist bereits die Serie 8.16 in Entwicklung (die 8.13 ließ man als Unglückszahl aus) HANS-JOACHIM KNUPFER

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STRASSENBAHN MAGAZIN 9 | 2025

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