FRAGE DES MONATS
77 Jahre Altersunterschied: Zahnradlok 14 aus dem Jahr 1929 und Triebwagen 15 von 2006 stehen nebeneinander in der Bergstation der Zugspitzbahn Florian Dürr
Lok Magazin: Was sind denn technisch die größten Herausfor- derungen für Sie als Bahnbetrieb?
Rainer Weber: Die größte Herausforderung ist tat- sächlich die mechanische Bremsleistung bei der Tal- fahrt. Normalerweise wird elektrisch gebremst, denn die Wärmeenergie, die bei der mechanischen Brem- sung frei werden würde, könnte nie auf Dauer abge- leitet werden. Die mechanische Bremse kommt also nur im Notfall zum Einsatz. Das zu sichern, ist die größte Herausforderung bei der Instandhaltung. Ich hatte aber in den mittlerweile doch fast 35 Jahren nie die Situation, dass ein Fahrzeug nach einer Revision, nach einem Teiletausch, versagt hätte. Es wird auch regelmäßig über die entsprechenden Untersuchun- gen nachgewiesen, dass die Technik funktioniert. Die teuersten, größten Aufwendungen sind in- zwischen der Unterhalt der Getriebetechnik, die tur- nusmäßig entsprechend den rechtlichen Vorgaben alle acht Jahre geprüft werden muss. Da kommen mittlerweile sechsstellige Beträge pro Getriebe zu- sammen, das ist schon nicht ganz unerheblich. Lok Magazin: Wie funktioniert die mechanische Bremse bei der Zahnradbahn? Rainer Weber: Bei steilen Strecken mit 250 Promille müssen die Fahrzeuge zwei unabhängige mechani- sche Bremssysteme haben. Das sind standardmäßig in diesem Bereich sogenannte Trommelbremsen. Das kennt man vielleicht vom Auto, aber bei Schie- nenfahrzeugen sind die genau andersrum ausgelegt: Die Bremsbeläge sind auf einem Band außen um die Trommel gespannt mit einer Feder als Kraftquel- le und mit einem pneumatischen Zylinder, der die Feder spannt und damit die Bremse offen hält. Und in dem Moment, wo die Luft verloren geht, sei es, weil der Schlauch abreißt, weil irgendwo eine Un- dichtigkeit ist, dann legt die Bremse an. Lok Magazin: Sie fahren ab Grainau eigenwirtschaft- lich, auf der Talstrecke unten gilt dagegen sogar das Deutschlandticket. Ist es besser, wenn man seine eigenen Preise bestimmen kann?
Rainer Weber: Wir fahren auch auf der Talstrecke zu 60 Prozent eigenwirtschaftlich, nur 40 Prozent der Kilometerleistungen im Regelfahrplan sind von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft bestellt. Das ermöglicht uns, das Deutschlandticket ein wenig zu steuern, sonst ginge es gar nicht. Wir haben keine grenzenlosen Kapazitäten. Wir bieten das gerne an, aber leben tun wir von den Gästen, die die Zugspitze besuchen. Und klar, wir sind ein eigenwirtschaftli- ches Unternehmen. Wir fahren mit dem Geld, das wir einnehmen. Wir haben bilaterale Verträge, zum Beispiel mit der Gemeinde Grainau. Inhaber der Gästekarte nutzen unsere Züge zwischen Garmisch und Eibsee kostenlos, wir erfassen die Fahrten und kriegen das mit einem entsprechenden ermäßigten Tarif von der Gemeinde Grainau ersetzt. Lok Magazin: Was bringt die Zukunft, was glauben Sie? Werden es weitere 95 Jahre? Rainer Weber: Noch mal 95 werde ich sicher nicht mehr erleben, aber den 100. Geburtstag werde ich noch mitmachen. Was danach kommt, steht in Got- tes Händen oder in den Sternen, je nachdem, wie man es persönlich sehen will. Unsere Devise ist im Moment, dass wir uns nicht ausweiten werden, sondern im Bestand bleiben, den erhalten, den pflegen, den schön machen, um den Gästen einen angenehmen Aufenthalt zu bieten. Es geht nicht drum, mehr Gäste anzuziehen. Wir haben ohnehin schon zu viel. Man hört es im Sommer fast täglich: Stau in Grainau, der Parkplatz am Eibsee überfüllt. Das kann nicht das Ziel sein, immer mehr. Die Fragen stellte Florian Dürr Ein ausführliches Porträt der Zugspitzbahn mit verschiedenen Mitarbeitern der Zahnradbahn hören
Sie in unserem Podcast: bahnzeit. podigee.io/23-die-zugspitzbahn
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LOK Magazin 09 | 2025
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