Lok Magazin

PERSPEKTIVEN

D er Alte Finkenkrug war schon seit Bie- dermeiers Zeiten ein beliebtes Aus- flugslokal westlich von Falkensee und Spandau. Nachdem ab etwa 1850 die Bahn- strecke von Berlin nach Hamburg eröffnet und der Berliner Vorortverkehr eingerichtet worden war, entstand unweit der Gaststätte ein Haltepunkt, der an Sonn- und Feiertagen bedient wurde, gefolgt von einem ersten Bahnhofsbau. Die Beliebtheit von Finken- krug wuchs, weitere Restaurants eröffneten. 1870 adelte Theodor Fontane den Ort mit ei- nem Besuch und der anschließenden Würdi- gung in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Ab 1891 hielten die Züge auch unter der Woche und es entstand die erste Wohnbebauung, ein mächtiges Bahnhofsgebäude wurde gebaut. Der nun Neufinkenkrug genannte Villen- Vorort im Speckgürtel der Hauptstadt wurde ein Ortsteil der 1923 gegründeten Gemeinde Falkensee und war, nachdem Spandau nach Groß-Berlin eingegliedert worden war, direk- ter Nachbarort der Metropole. Nach mäßigen Kriegsschäden ging es schnell wieder auf- wärts, bereits 1951 wurde der Bahnhof Fal- kensee an die Berliner S-Bahn angeschlossen. Geplant war, die S-Bahn auch bis Finkenkrug zu verlängern. Diese Planung war nicht neu, man sieht im Bild, dass der Bahnhof Finken- krug bereits großzügig angelegt worden war. Mit dem Bau der Berliner Mauer änderte sich die Situation jedoch über Nacht, nahezu alle Schienenverbindungen wurden gekappt. So auch die Strecke nach Spandau, Falken- see war nun Endbahnhof. Es gab nur noch wenige Personenzüge auf der nun unbedeu- tenden Strecke Richtung Briselang und Nau- en. Für Falkensee und Finkenkrug wurde der Ersatzbahnhof Falkenhagen auf dem Anfang der 1950er-Jahre fertig gestellten Außenring um Berlin eingerichtet. Nach einer spektaku- lären Flucht mit einer Lok nach Spandau Ende 1961 wurden auch die Ferngleise ge- kappt und die Hamburger Züge umgeleitet. Die Strecke und somit der Bahnhof Finken- krug verfielen in einen Dornröschenschlaf, für die wenigen Züge wurde nur noch ein Gleis genutzt. In diesem traurigen Zustand konnte der Bahnhof noch 1995 fotografiert werden, kurz bevor die Arbeiten begannen, die Strecke auf diesem Abschnitt zu sanieren. Schon wenige Jahre später verkehrten hier ICEs nach Ham- burg. Inzwischen werden auch wieder die ur- sprünglichen Pläne diskutiert, Finkenkrug an das S-Bahn-Netz anzubinden. Der geplante Wegfall der Regionalbahn-Halte zugunsten der S-Bahn wird aber nicht von allen begrüßt. TextundFoto:ChristianWenger

Finkenkrug

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