Lok Magazin

DAS HISTORISCHE BILD

A m 29. Oktober 1964 legte Wolfgang Zeunert auf einer Dienstreise einen Stopp in Hennef ein und hatte Glück – Lok 53 der Rhein-Sieg Eisenbahn-AG (RSE) wartete mit einem Güterzug nach Kuchenbach auf das Abfahrsignal. Die RSE, die bis 1921 als „Brölthaler Eisenbahn AG“ firmier- te, war die älteste öffentliche Schmalspurbahn in Deutschland und hatte die ungewöhnliche Spur- weite von 785 Millimetern. Die Geschichte der RSE beginnt am 27. Mai 1862 mit der Eröffnung der Pferdebahn Hennef – Ruppichteroth. Am 25. April 1863 fuhr die erste Dampflok durch das Bröltal. Bis zum Herbst 1902 entstand ein rund 90 Kilometer langes Schmalspurnetz im Siebengebirge und im Bergischen Land, das von Bonn bis Siegburg, Wald- bröl, Asbach und Rostingen reichte. Für die schweren Basaltzüge nach Hennef und Siegburg benötigte die RSE Ende der 1930er-Jahre neue, leistungsfähige Triebfahrzeuge. Die Direkti- on gab bei der Lokomotivfabrik Arnold Jung in Jun- genthal bei Kirchen (Sieg) zwei 1 ’ D1 ’ h2t-Maschi- nen in Auftrag. Doch mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges verzögerten sich die Entwicklung und die Fertigung immer wieder. Erst im Frühjahr 1944 nahm die Dampflok unter der Fabriknum- mer 10175 langsam Gestalt an und traf am 12. Juni 1944 in der Betriebswerkstatt der RSE in Hennef ein. Hier sorgte die rund 600 PS starke und für eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h zugelassene Lok 53 sofort für Aufsehen. Optisch unterschied sich die Maschine aufgrund ihres bulli- gen Aussehens und der Windleitbleche deutlich von den anderen Dampfloks. Erst am 31. Januar 1945 absolvierte die Lok 53 die obligatorische Abnahmeprobefahrt nach Waldbröl und Asbach. Anschließend war die Maschine bis zum 31. Dezember 1948 konserviert abgestellt. Von 1951 bis 1954 erhielt die Lok 53 bei der Firma Jung eine Hauptuntersuchung, bei der unter anderem die Stahlfeuerbüchse durch eine aus Kupfer ersetzt wurde. Bei den Lokführern und Heizern der RSE besaß die Lok 53 trotz ihrer Zugkraft keinen son- derlich guten Ruf. Sie galt als vergleichsweise kom- pliziert in der Bedienung und schadanfällig, so dass nur ausgewähltes Personal auf ihr fuhr. Ab 1957 besaß die Maschine eine Leichtölfeuerung. Nach der Indienststellung von drei Dieselloks des Typs MV 8 der Orenstein & Koppel AG in den Jahren 1959/60 fungierte die Lok 53 nur noch als Reserve. Gleichwohl ließ die Direktion die Maschi- ne ab September 1963 noch einmal aufarbeiten. Der Probefahrt am 29. Oktober 1964 folgte einen Tag später eine weitere nach Niederpleis. Die Kosten für diese Instandsetzung dürften sich kaum amortisiert haben, denn die Lok war in der Folgezeit nur selten im Einsatz. Am 17. August 1966 stand die Lok 53 letztmalig unter Dampf und wurde 1968 verkauft. Heute kann die Maschine im RSE-Museum in As- bach bewundert werden. Dirk Endisch Foto: Wolfgang Zeunert/Slg. Dirk Endisch

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LOK Magazin 09 | 2025

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