Lok Magazin

STRECKEN & BETRIEB

tigt und forderten, die Bahn durch eine Autobuslinie zu er- setzen. Im Zusammenhang mit einem geplanten Straßenausbau entschied die Reichsbahn, die Stilllegung der Meterspurlinie zu beantragen. Die Bahn zu er- halten hätte Kosten in Höhe von 900.000 Reichsmark verur- sacht. Anfang März 1930 geneh- migte das Reichsverkehrsminis- terium, die Bahn aufzulassen t d s e e S z h 9 s m t Zeichnerische Darstellung eines Zuges der Dampfstraßenbahn aus Pts 3/4 und drei CCL an der Haltestelle vor dem St. Franzis- kushaus Altötting Slg. L. Bergsteiner (2)

tinger Stadtberg, Burghauser Tor) nur 5 km/h. Der Tarif für die Gesamtstrecke betrug 20 Pfen- nig, für die Teilstrecken Neuötting Bf – Neuötting Marktplatz und Neuötting Marktplatz – Altötting Kapellenplatz je 10 Pfennig. Verkauft wurden die Fahrscheine durch den Zugführer. Mindestens 70 Mark mussten täglich eingenommen werden, um die Betriebskosten der Bahn zu decken. Im Eröffnungsjahr beförderte die Bahn 83.777 Fahrgäste; 1907 waren es 214.734 sowie 73 Tonnen Gepäck und Stückgut (beschränkt auf 50 Kilo- gramm Höchstgewicht pro Stück). Ab Winter 1909 wurde der Fahrplan so aufge- stellt, dass eine Garnitur für den Betrieb ausreich- te. Im Ersten Weltkrieg reduzierte man die Zahl der Züge weiter. Kohlenmangel führte dazu, dass der Betrieb vom 1. Februar bis 12. August 1923 eingestellt wer- den musste. Der Fahrpreis betrug Ende 1923 30 Pfennig für die Gesamtstrecke und 20 Pfennig für eine Teilstrecke. Mit durchschnittlich 140.000 Fahrgästen blieb die Bahn in den Folgejahren hin- ter den ursprünglichen Erwartungen von jährlich mindestens 180.000 Reisenden zurück. Beschwerden über den Lärm Von der einstigen Freude über die Lokalbahn war in den 1920er-Jahren nichts mehr zu spüren. Stra- ßenverkehr und Bahn behinderten sich in den en- gen Straßen zunehmend. Viele Anwohner fühlten sich von Lärm, Qualm und Erschütterungen beläs-

und durch eine Kraftpostlinie zu ersetzen. Als letz- ter Betriebstag wurde der 31. März 1930 festgelegt. In einem Nachruf auf das „Bockerl“ schrieb die „Oettinger Zeitung“ am 2. April: „Die letzte Rück- fahrt vom Bahnhof Neuötting nach der Endhalte- stelle Altötting glich einer wahren Triumphfahrt. In Neuötting harrten gegen 1/2 8 Uhr abends auf dem Neuöttinger Stadtplatz viele Hunderte der

In den späten 1920er-Jahren stagnierte die Bahn bei 140.000 Fahrgästen im Jahr – zu wenig

Straßenbahn, die unter den Musikklängen von ‚Muß i denn, muß i denn zum Städtele naus ...‘ ver- abschiedet wurde.“ Tags darauf wurden Lokomotiven und Wagen zum Bahnhof Neuötting gefahren. Noch bis Som- mer 1939 fand sich in den Kursbüchern eine leere Kursbuchtabelle „302d Neuötting – Altötting“ ver- bunden mit dem Hinweis „Betrieb eingestellt. Ver- kehr wird durch Kraftpost aufrechterhalten“. Auf die Kraftpost folgten die Bahnbusse der Deutschen Bundesbahn (DB). Seit 1. Oktober 1989 betreibt die Regionalbus Ostbayern GmbH (RBO) die als Linie 6223 bezeichnete Strecke. Leonhard Bergsteiner Die Fahrzeuge der Dampfstraßenbahn stellen wir im kommenden Lok Magazin vor.

Im Winter 1929/30, dem letzten Fahrplan der Dampfstraßenbahn, verkehrten sieben Zugpaare. Im Sommer 1939 wurde die am 31. März 1930 eingestellte Bahn letztmals im Kursbuch erwähnt

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