Lok Magazin

STRECKEN & BETRIEB

Der Bahnhof Wehrden in den letzten Jahren seines Bestehens: 216 184 passiert am 21. März 1984 mit einem Eilzug das Wärterstellwerk „Ww“. In jenen Jahren drohte sogar die Betriebseinstellung Josef Högemann

des Sollings. Wann genau der zweigleisige Betrieb auf den einzelnen Streckenabschnitten aufgenom- men wurde, ist nicht bekannt. Ab 1890 jedenfalls konnte durchgehend auf zwei Gleisen zwischen Bodenfelde und Northeim gefahren werden. Der Ausbau des Abschnitts Ottbergen – Bodenfelde wurde erst 1899 in Angriff genommen und im Jahr darauf abgeschlossen. Eisen und Stahl Einen ersten Höhepunkt erreichte der Güterver- kehr mit Beginn des Ersten Weltkriegs. Neben den planmäßigen Güterzügen fielen in beträchtlichem Umfang Militärtransporte an, so dass mit Hilfe zu- sätzlicher Zugfolgestellen die Streckendurchlässig- keit gesteigert werden musste. Ab Beginn der 1920er-Jahre wurde der Kohleverkehr zunehmend mit Güterzügen abgewickelt, die aus Wagengrup- pen mit unterschiedlichen Kohlensorten bestan- den. Diese Vorläufer der späteren Ganzzüge wur- den in den Güterbahnhöfen des Ruhrgebietes mit Zielen in Mittel- und Ostdeutschland gebildet. Al- lein nach Leuna-Merseburg liefen täglich bis zu acht Kohlenzüge mit 1.000 Tonnen Gewicht. Neben der Kohle gewann in den 1930er-Jahren der Transport von Eisen- und Stahlprodukten stark an Umfang. Interessant sind in diesem Zusam- menhang Aufzeichnungen aus dem Bahnhof Bo- denfelde, die Aufschluss über das durchschnittliche Verkehrsaufkommen jener Jahre geben. 1930 konnten täglich etwa 60 durchfahrende Güterzüge gezählt werden, 1938 waren es bereits mehr als 80. Während des Zweiten Weltkriegs steigerte sich die Zahl sogar auf weit über 100 Züge. Nicht ohne

Grund setzte die Deutsche Reichsbahn auf der Sol- lingbahn und anderen Strecken des Weserberglan- des ab 1937 die Einheitsdampfloks der der Baureihe 44 ein, die nunmehr in Serie produziert wurden und umgehend die überforderten Länderbahnma- schinen der Baureihe 58 (preußische G 12) ablös- ten. Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs erreichten das Oberwesergebiet erst 1943. Einen der heftigsten Luftangriffe erlebte das Weserberg- land am 22. Februar 1945, als die 8. US-Luftflotte mit 1.359 schweren Bombern unter anderem die Eisenbahnknoten Altenbeken, Ottbergen, Kreien- sen und Northeim angriff und weite Teile der Bahnanlagen in Schutt und Asche legte. Damit kam der Bahnverkehr weitgehend zum Erliegen. Und was von den Bomben verschont geblieben war, zerstörte wenig später die deutsche Wehr- macht auf ihrem Rückzug. Allein fünf Weserbrü- cken, darunter auch die Brücke zwischen Wehrden und Lauenförde, wurden wenige Tage vor Kriegs- ende neben anderen völlig sinnlos gesprengt. Neue Realitäten im geteilten Deutschland Nach dem Ende des Krieges waren die Hauptstre- cken im Oberwesergebiet nur noch abschnittsweise befahrbar. Den durchgehenden Verkehrs zwischen Altenbeken, Ottbergen und Nordhausen wieder auf- zunehmen, daran war aufgrund der Materialknapp- heit und des Mangels an Fachpersonal zunächst nicht zu denken. Ohnehin bestand keine Notwen- digkeit, den Ferngüterverkehr in Richtung Mittel- deutschland wieder in Gang zu setzen, da die Süd- harzstrecke zwischen Walkenried und Ellrich durch die Zonengrenze bis auf Weiteres gesperrt war.

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