STRECKEN & BETRIEB
A m Westrand des Harzes, in einem tiefen, nach Süden hin offenen Tal, liegt umgeben von hohen, mit Fichten und Buchen be- wachsenen Bergen der Kurort Bad Grund. Die klei- ne Gemeinde ist die älteste der sieben sogenannten Bergstädte im Oberharz und wurde erstmals am 26. September 1317 urkundlich als Forstort er- wähnt. Bis Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden die ersten Gruben und Hütten. Herzog Heinrich II. der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel (1489 bis 1568) verlieh der damals als „Gittel im Grunde“ bezeichneten Siedlung am 16. Juni 1524 die soge- nannte Bergfreiheit. Damit gewährte der Landes- herr den Berg- und Hüttenleuten besondere Rechte und Privilegien. Die Montanindustrie erlebte in der Gemeinde Grund, die wenig später das Stadtrecht erhielt, ei- nen rasanten Aufschwung. Mehr als 400 Jahre wurden in und um Bad Grund, wie die Bergstadt ab 20. Mai 1914 offiziell hieß, Erze gewonnen und ver- hüttet. Zwar stellte der Hörder Bergwerks- und Hüttenverein 1885 am Iberg die Förderung ein, doch dies war nicht das Ende der Bergbautradition in Grund, denn die Gruben „Hilfe Gottes“ und „Bergwerkswohlfahrt“ der preußischen Bergins- pektion förderten weiterhin Bleiglanz, Zinkblende und Kupferkies. Mit der Inbetriebnahme des neuen Achenbach-Schachtes am 9. November 1907 und einer modernen Aufbereitungsanlage konnte die Förderkapazität auf über 60.000 Tonnen im Jahr gesteigert werden. Eine Bahn muss her … Was den Gruben jedoch fehlte, war ein Bahnan- schluss. Die aufbereiteten Erze mussten auf Pfer- defuhrwerke verladen und auf der kaum ausgebau- ten Chaussee zum Bahnhof Gittelde an der Strecke Herzberg (Harz) – Osterode – Seesen gebracht wer- den, wo sie in offene Güterwagen verladen und ab 1906 zur Zink- und Bleihütte Nordenham der Me- tallwerke Unterweser AG transportiert wurden. Nicht nur die Berginspektion Grund beklagte immer wieder die schlechte verkehrstechnische Er- schließung der Bergstadt. Auch die Hoteliers und Gastwirte in Grund, in der am 1. Mai 1855 die erste Kurbadeanstalt eröffnet wurde, forderten wieder- holt einen Bahnanschluss. Zwar gab es bereits in den 1860er-Jahren im Zusammenhang mit den Planungen für die Hauptbahn Herzberg (Harz) – Osterode – Seesen erste Ideen für den Bau einer Verbindung Gittelde – Grund – Zellerfeld, doch die- se verliefen ebenso im Sand wie die ab 1894 erör- terte Kleinbahn mit 750-Millimeter-Spurweite zwi- schen Osterode und Grund. Um den Kurgästen die Anreise nach Grund zu erleichtern, richtete der Gastwirt Wilhelm Römer 1872 eine sogenannte Pferdeomnibus-Verbindung zum Bahnhof Gittelde ein. Viermal täglich pendel- ten nun Kutschen, deren Ankunfts- und Abfahrts- zeiten mit den Zügen der Staatsbahn abgestimmt
Im Frühjahr 1964 rangiert die MaK-Diesellok 272 im Endbahnhof in Bad Grund. Links im Hinter- grund ist das kleine Stationsgebäude zu sehen Wolfgang Zeunert/Slg. Dirk Endisch
waren. Allerdings gab es immer wieder Beschwer- den von Kurgästen, die in Gittelde nicht ausgestie- gen waren, weil sie nicht wussten, dass sie hier hät- ten umsteigen müssen. Die Kurverwaltung beantragte daher am 3. März 1900 bei der Preußi- schen Staatseisenbahn, die Station in „Gittelde-
Grund“ umzubenennen. … doch es zieht sich
Zu diesem Zeitpunkt wurde der Bau einer elektri- schen Kleinbahn zwischen dem Bahnhof Gittelde und der Bergstadt Grund erörtert – doch ohne Er- folg. Dies galt auch für die 1904 von der Berg- inspektion und dem Magistrat beim Ministerium
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