STRECKEN & BETRIEB
Der Achenseebahn ist noch lange nicht der Dampf ausgegangen: Nach zweijährigem Stillstand nimmt die Zahnradbahn am 29. April 2022 wieder den Betrieb auf Max Voigtmann
TIROLER ACHENSEEBAHN Rückkehr mit Dampf WIEDERERÖFFNUNG 2020 hatte es zeitweise so ausgesehen, als könne es mit der Tiroler Achenseebahn bald vorbei sein. Seit Ende April 2022 dampft sie wie- der – mit generalüberholten Fahrzeugen und auf teilweise neuen Schienen
D ie Geschichte der Zahnradbahn, die seit 1889 von Jenbach im Inntal nach Seespitz am Achensee führt, ist von Pleiten und Kri- sen geprägt. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg be- klagte sich Direktor Schroeder, es werde immer teurer, die veralteten Fahrzeuge instandzuhalten. 1917 erklärte er in einer Sitzung des Verwaltungs- rates, Lokomotive 3 sei nahezu irreparabel. Aus Geldmangel mussten 1930 acht Mitarbeiter entlas- sen werden, die übrigen erklärten sich mit Lohn- kürzungen einverstanden. 1935 beschlossen die Verantwortlichen, die Bahn nur noch solange zu betreiben, bis die Kohlevorräte aufgebraucht seien; der Grund war ein ausbleibendes Bundesdarlehen. Und immer wieder wurde diskutiert, die Zahnrad- bahn zu verlängern und zu elektrifizieren. Zehn Millionen Euro Investitionen Das alles klingt vertraut, wenn man sich in den letzten Jahren mit der Achenseebahn beschäftigt hat. Die Bundesrepublik Österreich hatte der Zahnradbahn die Zuwendungen aus dem Privat- bahnfinanzierungsgesetz gestrichen, weil sie als Sommerbetrieb nur touristischen Zwecken dient. Obwohl die Strecke dafür nicht ausgelegt war, be-
schaffte die Bahn gebrauchte Nahverkehrstriebwa- gen der Appenzeller Bahnen, wohl in der Hoff- nung, danach irgendwie die finanziellen Mittel für den Streckenausbau zu bekommen. Stattdessen verfielen Fahrzeuge und Gleisanlagen zuneh- mend. Am Ende stand die Insolvenz der Aktienge- sellschaft im Jahr 2020. Als neue Betreiberin wurde im Frühjahr 2021 die Achenseebahn Infrastruktur- und Betriebs GmbH gegründet, die dem Land Tirol (60 Pro- zent), den Zillertaler Verkehrsbetrieben (20 Pro- zent) sowie den Gemeinden Jenbach, Eben am Achensee und Achenkirch (20 Prozent) gehört. Um den Betrieb wieder aufnehmen zu können, mussten fünf Millionen Euro investiert werden. Insgesamt sollen es bis 2024 zehn Millionen Euro sein. Alle acht Mitarbeiter, die zuletzt bei der AG beschäftigt waren, wurden laut GmbH übernom- men; die sinnlosen Fahrzeuge der Appenzeller Bahnen mangels Interessenten verschrottet. „Wir hätten sagen können, wir richten es jetzt mal provisorisch her, aber das hätte auf Dauer noch mehr Investitionen nach sich gezogen“, recht- fertigt der stellvertretende Landeshauptmann Josef Geisler bei der Eröffnungsfeier am 29. April 2022
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