eisenbahn magazin

Dampfbahnen unter Druck

Internet-Auftritten, dass es bei der klassischen Handbeschickung bleiben solle. Im Rahmen von Standversuchen und Messfahrten mit Leistungs- messung wolle man die Anwendbarkeit bestäti- gen und Parameter wie Leistung und Verbrauch erfassen. Die am Versuchsträger erzielten Erkennt- nisse sollen sich später auch auf kleinere und grö- ßere Kessel skalieren lassen. Eine Alternative sol- len die Holzpellets vor allem für Loks mit kleinerer und mittlerer Leistung und bei geeigneten Be- triebsbedingungen (Reichweite) sein. Heilsbringer Biokohle? Die Heritage Railway Association (HRA), ein Ver- band, der Museumsbahnen in Großbritannien un- terstützt, hat dort nun eine Vorreiterrolle bei der Lösungsfindung übernommen. Die HRA prognos- tiziert für 2022 einen Preisanstieg von 200 Pro- zent für Kohle im Vereinigten Königreich. Deshalb gibt es Versuche mit Ersatzbrennstoffen, soge- nannter Biokohle. Dazu zählen Trevithik Welsh Steaming Ovoids (Briketts von Hargreaves Energy, Lieferant der Ffos-Y-Fran-Kohle) und sogenannte „Homefire Ecoal“ (besteht zu 50 Prozent aus zer- kleinerten Olivenkernen). Zu den Museen, die mit diesen alternativen Brennstoffen experimentie- ren, gehören die North Yorkshire Moors Railway, die Severn Valley Railway, die Keighly & Worth Val- ley Railway sowie die Talyllyn Railway in Wales. Am 14. Februar 2022 fanden bei der Keighley and Worth Valley Railway Versuche mit der British Rail- ways Standard '2MT' 2-6-0 Nr. 78022 statt, bei de- nen die Dampflok mit der Ecoal angeheizt wurde. Die North Yorkshire Moors Railway testete Bio-

kohle mit der Lokomotive 80136. Diese 1’C2‘-Stan- dard-Tenderlok von British Rail wurde 1956 gebaut und bereits neun Jahre später wieder ausgemus- tert. Nach der Verbrennung von Biokohle bleibt in dieser Lok eine Art Grillasche zurück. Durch Museums-Mitglieder, die auch in Großbri- tannien aktiv sind, kennt Frank Vergeer vom Mu- seum Buurtspoorweg die Tests mit den Ovoids. Er zeigt sich skeptisch, denn die Biokohle enthält Chlor, das den Feuerraum angreift und nicht gut für die Flammrohre ist. „Das Chlor ist in der Me- lasse gebunden, die als Bindemittel für die Bio- kohle verwendet wird.“

Biomasse ausreichend sein, die in Pflanzenkohle umgewandelt würde. Deutschlandweit entstehen jedes Jahr gut 10.000.000 Tonnen an Biomasse, rein mengenmäßig sollte das also keine unlösbare Aufgabe sein“, ist sich Dirk Bahnsen sicher. Hoffen auf Ovoid in der Schweiz Auch in der Schweiz ist die Kohlesituation für alle Verbraucher derzeit schwierig. Die vorher vorwie- gend verwendete russische Kohle und solche aus Ffos-y-Fran ist nicht mehr lieferbar. Zurzeit seien in der Schweiz nur Ovoids und Ecoal erhältlich, be- richtet Martin Horath, Leiter der Werkstatt Goldau der Rigi-Bahnen und Mitarbeiter der Dampfbahn Furka Bergstrecke. Mit diesen neuen Brennstoffen werden momentan Versuchsfahrten unter ande- rem bei der Rigi-Bahn unternommen (siehe Kas- ten). Bei Lokomotiven mit hochbelasteten Rosten scheinen beide Alternativ-Brennstoffe aber massiv Probleme zu bereiten. Nebst schwieriger Feuer- führung ist der Verbrauch bis zu 1,5-fach höher. „Bei der DFB wollen wir Probefahrten machen, wenn die Schneeräumung abgeschlossen und die Steffenbachbrücke aufgestellt ist“, sagt Martin Ho- rath. „Bei den Rigi Bahnen haben wir in weiser Vo- raussicht im Herbst 2021 noch einen Jahresvorrat an Welsh Kohle bestellt und daher dieses Jahr noch kein Problem.“ Doch auch am Furkapass sind die neuen Brennstoffe schon angekommen: „Die DFB hat rund 40 Tonnen Welsh und 100 Tonnen Ovoid im Lager Realp. Falls sich Ovoid wirklich nicht be- währen sollte, bekommen wir da ein großes Pro- blem...“ Guus Ferrée

Viele Dampfbahnen experimentieren derzeit mit Kohle-Ersatzproduk- ten – mit offenem Ende ...

Aufgeschlossener zeigt man sich hinsichtlich Kohle-Alternativen bei den Harzer Schmalspur- bahnen. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie war sogenannte Pyrolyse- oder Pflanzenkohle als die vorteilhafteste Alternative zur Steinkohle ermit- telt worden (siehe em 6/22). „Sobald hiervon eine Mindestmenge von rund sechs Tonnen zur Verfü- gung steht, werden wir die Pflanzenkohle auf un- seren Lokomotiven erproben“, ist sich Pressespre- cher Dirk Bahnsen sicher. Zurzeit gebe es aber weder entsprechende Liefermengen noch ent- sprechende Hersteller. „Für unseren jährlichen Be- trieb würde eine Menge von rund 18.000 Tonnen

Bei der North Yorkshire Railway in Großbritannien laufen derzeit Versuche mit sogenannten Ovoids, einem Kohleersatz. Mit einer Schwester- lok der BR-80072 fanden im Frühjahr 2022 Tests statt Sevrien Ferrée

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eisenbahn magazin 8/2022

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