eisenbahn magazin

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Rangieraufenthalt in Koblenz-Lützel am 11. Juni 2010: 155 178 der Deutschen Bahn bringt den Güterzug 52089 bis nach Ehrang Michael U. Kratzsch-Leichsenring (2)

Lokführer-Erlebnisse

Es ist schon beeindruckend, wenn man seine Lieblingslokbaureihe auch mal selbst fahren darf. Bei der DR-250 war allerdings Geduld gefragt Mein Container-Erstkontakt

K ennengelernt habe ich die als Baureihe 250 bezeichnete, 19,6 Meter lange Lok als Reisender und später Fotograf vor schweren Güterzü- gen auf der Magistrale zwischen Erfurt und Großkorbetha oder auch im Schnellzugverkehr in Sachsen. Seit 1992 ist sie als 155 in wechseln- den Farbkleidern in ganz Deutschland unterwegs, ja sogar in die Schweiz verschlug es diese Baureihe als Mietlok der Südostbahn. Die 250er hat ein markantes Profil mit klaren Linien und deutlichen Kanten. Mich faszi- nierte diese Lok schon immer, allerdings hatte ich seinerzeit nie die Gele- genheit, einmal mit- oder sie gar selbst zu fahren. Premierenfahrt auf der 250 Wie so oft im Leben half mir der Zufall. Für eine Fotoreportage über Lok- führer im Sommer 2010 hatte ich mich nach Klärung der notwendigen For- malitäten mit meinem Freund Dirk zu einigen Mitfahrten verabredet. Auf dem Plan standen eigentlich die DB AG-Baureihen 151 und 185. Aber wie im Güterverkehr üblich, kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. Noch auf der Fahrt nach Köln meldete sich der Disponent und fragte an, ob Dirk anstatt des vorgesehenen Containerzuges nach Bischofs- heim auch einen gemischten Zug von Gremberg anstatt Eifeltor überneh- men könne – 1.500 Tonnen, Moselstrecke nach Ehrang. Die Antwort: „Klar, wenn ich eine 155 bekomme.“ Bekam er auch. Als ich Dirk fragte, wieso er trotz der sommerlichen Hitze auf einer 155 ohne Klimaanlage und dann vielleicht voran mit durch Steuerelektronik aufgeheiztem Führerstand 1 fahrend besteht, gab es nur die Gegenfrage: „Wir wollen doch ankommen, oder? Eine 185 mit mehr als 1.500 Tonnen an der Mosel ist kein Spaß, weil

sie auf den Steigungen dort kaum Leistungsreserven zu bieten hat. Außer- dem fahren wir in die kühle Nacht hinein, und Du wolltest die 155 doch mal selbst fahren.“ 1:0 für ihn! In Gremberg angekommen, meldete sich Dirk erst in der Lokleitung zum Dienst und erfragte Lok- und Zugnummer. Zugeteilt wurde uns die 155 178, die zu meiner Freude recht gut im Abendlicht stand. Die rote Lackierung ohne Seitenbeschriftung erinnerte an das ehemalige DR-Schema. „Mach Du mal schöne Fotos, ich rüste die Maschine auf. Du kennst ja nur Privat- bahnloks …“ – mit seinem ganz eigenen Charme ging Dirk zur Lok, während ich tat, wie mir geheißen. Er hatte ja recht, denn meine Ellok-Betriebs- kenntnisse beschränkten sich auf die Baureihen 182 und 185/482 sowie ost- europäische Exoten aus Polen und Rumänien. Außerdem freuen sich die meisten Lokführer, wenn sie gute Fotos von sich und ihrer Maschine be- kommen. Zwanzig Minuten später war es aber dann endlich soweit, ich stand im Füh- rerraum. Trotz äußerlicher Neulackierung versprühte dieser im Inneren dank seiner hellbraunen Sprelacart-Auskleidung noch immer den Reichs- bahn-Charme. Der Führertisch entsprach weitgehend der Ursprungsaus- führung, lediglich die Anzeige des Elektronischen Buchfahrplans und Lang- samfahrstellenverzeichnisses, kurz EbuLa, war hinzugekommen und einige Anzeigen waren modernisiert worden. Die großen Fenster bringen viel Licht in den Führerstand, im Sommer allerdings leider auch viel Hitze. Für mich etwas überraschend war die Äußerung Dirks, dass er die „Kiste“ trotz kleiner Macken an der nachgerüsteten Rechentechnik vor allem wegen der

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