Bahn Extra

BahnEpoche | STREIFLICHT

Güterwagenverband „Ost“ Vergessene Abkürzung OPW Von Andreas Knipping

M it der ständig weite- ren Ausdehnung und Vernetzung des Gü- terverkehrs mussten schon im 19. Jahrhundert mit ver- einheitlichten Puffern und Kupplungen Probleme der Übergangsfähigkeit der Wa- gen zwischen benachbarten Bahnverwaltungen gelöst wer- den. Im 20. Jahrhundert muss- te auch noch die Kompatibili- tät unterschiedlicher Systeme der Druckluftbremsen gesi- chert werden. Ein weiteres Problem bildete der unwirt- schaftliche Rücklauf leerer Wagen nach der Entladung. 1909 schuf der Deutsche Staatsbahn-Wagenverband ein dreifaches Regelungssys- tem. Demnach sollte der vor- handene Wagenpark gänz- lich auf Übergangsfähigkeit getrimmt werden. Neube- schaffungen sollten nach deutschlandweit genormten Einheitsbauarten vorgenom- men werden. Und den Güter- wagenbestand aller Länder- bahnen wollte man als ge- meinsamen Park verwalten, sodass ein etwa von Pirma- sens nach Stettin oder von Oldenburg nach Heilbronn gefahrener Wagen nicht in das Netz der Heimatverwal-

Normalspurbestand ausge- statteten Sowjetischen Staats- bahnen brachten zunächst 240.000 Güterwagen im We- sentlichen der offenen und gedeckten Standardbauarten in den OPW ein. Die Organi- sation wurde von einem Be- triebsbüro in Prag geleitet. Eigentlich sollten nur Wagen der Baujahre ab 1950 mit Rollenlagern, Lastwechsel- bremse und einer Zulassung für 100 km/h eingestellt wer- den. Eine Übergangsrege- lung erlaubte aber auch älte- re Wagen. Die DR brachte zunächst Wagen der Typen GGrh15, Gmh11, Gmm14, Ommu39/43, Ommu42 und Ommu44 ein. Die Wagen er- hielten wie auf dem Foto vom 22. Mai 1964 mittels Schablone die Inschrift OPW (in einem Viereck). Wagen mit dieser Kennzeichnung gehörten fortan zum ge- wohnten Bild der Güterzüge, auch im grenzüberschreiten- den Verkehr nach Westeuro- pa. Der Güterverkehr zwi- schen Ostsee, Elbe und Schwarzem Meer wurde er- leichtert und beschleunigt. Mit dem Auseinanderfal- len des Ostblocks wurde der OPW am 31. August 1990

EUROP. 1953 schlossen sich mehrere mittel- und westeuropäische Bahnverwaltungen an. Eine Reaktion auf Europ Ein Jahrzehnt später folgten die Bahnver- waltungen mit Normalspurnetz im sowjeti- schen Machtbereich und gründeten zum 1. Juli 1964 den Общий Парк Вагонов ( ОПВ ), in lateinischer Umschrift Obschtschi Park Wagonow (OPW) als eine Unterorganisati- on des Rates für gegenseitige Wirtschafts- hilfe (Comecon/RGW). Die beteiligten Ver- waltungen BDŽ, CFR, Cˇ SD, DR, MÁV, PKP und die für den Grenzverkehr mit einem

tung zurückgeführt werden musste, son- dern einer nächsten Fracht nach Posen, Chemnitz, Würzburg oder Bochum zur Ver- fügung stehen sollte. Dass freilich jedenTag tausende offener Güterwagen nach Entla- dung ihrer Kohlefracht leer ins Ruhrgebiet, an die Saar oder nach Oberschlesien zu- rückrollen mussten, blieb unvermeidbar. Erst nach zwei Weltkriegen war an einen Neubeginn nun auf europäischer Ebene zu denken. 1950 schufen sich die DB und die SNCF einen gemeinsamen Wagenpark und beschrifteten Güterwagen mit dem markan- ten Symbol des Rahmens mit der Kopfzeile

aufgelöst. In einer Zeit zunehmenden Ganz- zugverkehrs mit Massengütern und des Containerverkehrs hatte der Umlauf von Güterwagen des Einzelladungsverkehrs auch an Bedeutung verloren. Ein Teil der OPW-Wagen kam in den EUROP-Bestand, doch angesichts wachsender Parks von Spezialwagen bei privaten Anbietern und des Aussterbens offener und gedeckter Al- lerweltswagen wurde EUROP Ende 2002 ebenfalls aufgelöst. Nach dem Beginn des russischen Krieges 2022 mitten in Europa wirkt ein politisch-ökonomischer Verbund Ostsee/Elbe/Schwarzes Meer sehr fern. 

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BAHN EXTRA 4/2022

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