Bahn Extra

HINTERGRUND | Titel

rie gebauten Rangierdieselloks der Baurei- heV 60 (ab 1970: 106) zurVerfügung. Zwar handelte es sich bei den neu be- schafften Dieselloks um Neukonstruktio- nen, die anfangs noch eine höhere Schad- quote („Kinderkrankheiten“) aufwiesen. Doch änderte diese Verzögerung nichts an dem grundsätzlichen Fortschritt, nämlich, dass insbesondere im Reisezugverkehr mit den LVT ein erster Umschwung hin zum Dieselbetrieb realisiert wurde. Mit der Serienfertigung der V 100 (ab 1970: 110) von 1967 an erhielt die Deutsche Reichsbahn eine weitere wichtige Lokomoti- ve für den Traktionswechsel auf Nebenbah- nen. Die nahezu universell verwendbare Ma- schine sorgte für eine massive Umstellung insbesondere im Reisezugverkehr. Bis 1969/70 gelang es der DR, fast alle er- wähnten Dampflokomotiven aus den Län- derbahn-, Klein- und Privatbahnzeiten durch Dieseltriebfahrzeuge zu ersetzen. Be- schleunigt wurde diese Entwicklung durch die Stilllegung nicht weniger Nebenstre- cken. Weiterhin unabkömmlich waren auf verschiedenen Strecken der Direktionsbe- zirke Berlin, Greifswald, Schwerin, Halle (Saale), Erfurt und Dresden Einheitsloko- motiven der Reihen 64 und 86 sowie aus Länderbahnzeiten Lokomotiven der Bau- reihen 94 5–18 , 95 0 (Gebirgsstrecken der Rbd Erfurt) und 94 20 (Rbd Dresden, hier unter anderem die Gebirgsstrecke nach Eiben- stock oberer Bahnhof). Die Umstellung setzte sich freilich fort. In Thüringen wurden für den Nebenbahndienst auf den steigungsreichen Strecken im Raum Ilmenau und Suhl ab 1974 Großdieselloko- motiven der Baureihe 118.2–4 verwendet. Mit den aus Rumänien importierten Groß- dieselloks der Baureihe 119 kam – nach de- ren Ertüchtigung – im Februar 1981 das Aus für die letzten Dampflokomotiven aus Län- derbahnzeiten; die im Bw Probstzella behei- mateten legendären Maschinen der Baurei- he 95.0 wurden abgestellt.

50 3688 (Bw Glauchau) steht im Frühjahr 1987 in Colditz. Das Bw Glauchau setzte von 1982 bis 1988 wieder Dampfloks vor Güterzügen auf der Muldentalbahn ein Thomas Rieger/Slg. Dirk Endisch

Die in Rumänien gefertigte 119 (das „U-Boot“) bildet den Abschluss der Dieselfahrzeug-Beschaffung für die DR-Nebenbahnen. Im Januar 1984 hält 119 112 mit einem Personenzug in Weixdorf, vermut- lich ist es P 4861 Straßgräbchen-Bernsdorf – Dresden Hbf Ralph Lüderitz/Slg. J. Volkhardt; Info: Detlef Winkler

sätzen, und das in nahezu allen Rbd-Bezir- ken. Dampflok-Leistungen erbrachten nun eine Reihe von Bahnbetriebswerken bzw. Lokeinsatzstellen, beispielsweise Zittau, Bautzen, Löbau, Nossen, Karl-Marx-Stadt (heute wieder Chemnitz), Aue (Sachs), Glauchau, Wittenberge, Parchim, Wittstock, Brandenburg und Salzwedel. Dabei fuhren Dampfloks im Güter-, aber auch im Reise- zugverkehr. Ein berühmtes Beispiel ist die Rückkehr der Baureihe 86 auf die Erzge- birgsstrecke Schlettau – Crottendorf ob Bf. So zeigt sich in den 1980er-Jahren wieder der Trend, dass die DR bei der Nebenbahn- Verdieselung zwei Schritte vor und bisweilen wieder einen Schritt zurückging. Der „Rück- schritt“ war in der Regel jedoch nicht von Dauer, und das gilt für die 1980er-Jahre glei- chermaßen. Die Renaissance der Dampf- traktion war von Anfang an als eine vorüber-

gehende Maßnahme gedacht, zumal mit der verstärkten Elektrifizierung von Hauptstre- cken zunehmend Dieselloks zur Verfügung standen. Und so kam im Herbst 1988 schließlich der Dampf-Abschied auf den normalspuri- gen DR-Nebenbahnen. Die 50 3559 der Ein- satzstelle Oschersleben bespannte am 20. Oktober des Jahres den letzten planmä- ßig mit Dampflok gefahrenen Zug auf der Nebenstrecke Oschersleben – Gunsleben. Damit endete eine Ära, deren Verzögerung zugunsten der Dampftraktion viele Bahn- nostalgiker gern für Ausflüge und Fototou- ren genutzt hatten. Ganz auf planmäßigen Nebenbahn-Dampf verzichten mussten sie übrigens auch in der Folge nicht. Bei den Schmalspurbahnen der DR (siehe S. 40-45) hatten die rauchenden Rösser entgegen al- lenVorhaben doch noch eine Zukunft.

Dampflok-Reviere, Dampflok-Renaissance

Das Anfang der 1960er-Jahre ausgegebene Ziel, bis 1975 den Traktionswechsel auf nor- malspurigen Nebenbahnen abzuschließen, hatte die DR nicht ganz erreicht. Anderer- seits zeigten sich die Dampfloks nurmehr auf einigen Strecken, mit abnehmender Zahl und oft im Güterverkehr. Beispiele dafür gab es im westlichen Sachsen, in der Oberlausitz oder auch in Mecklenburg-Vorpommern. Aber die Dampftraktion sollte nochmals Auftrieb erhalten. Gestiegene Erdölpreise zwangen die Reichsbahn, ab 1981 eine grö- ßere Anzahl bereits abgestellter Dampflo- komotiven vor allem der Baureihen 50.35 und 52.80 zu reaktivieren bzw. weiterhin einzusetzen. Damit kam es auf verschiede- nen Nebenbahnen erneut zu Dampflokein-

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BAHN EXTRA 5/2025

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