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für die Beförderung von Briefbeuteln be- nutzt. Ähnliches galt fürTriebwagenzüge. Bei der Postbeförderung auf der Schiene unterschied man verschiedene Kategorien: Allesbahnpost (also sämtliche Postsendun- gen), Briefbahnpost, Paketbahnpost, weiter- hin Ladeschaffner-Bahnpost (Postmitnah- me in DB-Gepäckwagen oder in Postabteilen von Reisezugwagen) und Transport-Bahn- post (unbegleitete Beförderung; siehe auch die Aufstellung auf Seite 44). Zunächst galten für die Postbeförderung auf der Schiene noch vergünstigte Sätze aus der Zeit vor 1945. Gerade diese führten immer wieder zu Streitigkeiten. Während die DB in Anbetracht ihrer angespannten Finanzlage versuchte, der Post nur mög- lichst wenige niedrige Ausnahmetarife zu- zugestehen, lag der DBP daran, weitereVer- günstigungen zu erhalten. Steter Zankapfel waren die Achskilometer-Sätze: Während die Bundespost 1950 für die Mitnahme ei- nes posteigenen Wagens 21,88 Pfennige zu zahlen hatte, standen für angemietete Bun- desbahn-Wagen 27,35 Pfennige zu Buche – Tendenz steigend. In der Folge wurden die finanziellen Rahmenbedingungen neu ge- regelt. Mit Datum vom 13. Juli bzw. 13. Au- gust 1956 trat zum Beispiel eine neue Ver- einbarung in Kraft, die bestimmte, wie das Beistellen der Bahnpostwagen durch die DB abzugelten sei. Statt einer seit 1933 ge- zahlten jährlichen Pauschalsumme auf Selbstkostenbasis fielen fortan neun Pro- zent der von der Bundespost zu zahlenden Achskilometer-Kosten zusätzlich als Aus- gleich für die Verschubkosten an. Das „Ge- setz über das Postwesen“, das am 28. Juli 1969 Gültigkeit erlangte, schuf schließlich eine wesentliche Grundlage für dasVerhält- nis von Bundespost und Bundesbahn. Bahnpostwagen in Reisezügen In zahlreichen Reisezügen der Bundesbahn, vom Schnellzug über den Eilzug bis hin zum Personenzug, war der Bahnpostwagen in den 1950er-Jahren ein ständiger Begleiter – und in vielen Fällen sollte sich daran auch in der Folge nichts ändern. Das Ein- und Aus- laden der Bahnpost am Bahnsteig war so selbstverständlich wie das Ein- und Ausstei- gen der Reisenden. Charakteristisch für die in den Reisezü- gen eingestellten Postwagen war, dass sie meist nicht vom Anfangs- bis zum End- bahnhof mitliefen, sondern unterwegs aus- gestellt und nach mehreren Stunden Auf- enthalt wieder einem anderen Zug – zum Teil sogar in dieselbe Richtung – beigestellt wurden. Eingereiht waren die Bahnpostwa- Der in Husum stationierte Beiwagen VB 140 301 im Mai 1956 in Flensburg. Das Fahrzeug (Bezeichnung BPost, vormals CPostv-36) entstand 1938 bei Talbot und besitzt eine Möglichkeit zum Post- transport Reinhard Todt/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Bahnpostbetrieb an der Höllentalbahn: Im Mai 1954 steht E 244 22 mit einem Personenzug samt Postwagen im Bahnhof Titisee Carl Bellingrodt/Slg. Oliver Strüber
Vorgeschichte Bahnpost in Deutschland bis 1945
1841: Der erste Bahnpostwagen verkehrt zwischen Leipzig und Berlin. 1849: Erste Bahnposten in Baden („Post-Spedi- tions-Bureaux“) und Preußen („Post-Speditions- Ämter“) mit Beförderung und Umarbeitung der Postsendungen während der Fahrt. 1851: Erstmalige Nutzung des Begriffs „Bahn- post“ in postamtlichen Blättern Bayerns. Aufnahme des Bahnpostdienstes in Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Schwerin. 1852 folgen Württemberg und 1853 Hannover. 1861 kommt auch Thurn&Taxis hinzu. 1871: Die nach Gründung des Deutschen Reiches eingerichtete Deutsche Reichspost (DRP) übernimmt die Bahnpoststellen in Deutschland – außer in Bayern und Württemberg, die ihre Posthoheit weiter behalten. 20. Dezember 1875: „Eisenbahnpostgesetz im Deutschen Reich“ (EPG): Eisenbahnen müssen ihre Dienstleistungen der Post unentgeltlich zur Verfügung stellen; offizielle Einführung der Begriffe „Bahnpost“ und „Bahnpostamt“ als Fachausdrücke der Post- sprache.
1920: Vereinigung der bayerischen und württembergischen Postverwaltungen mit der Reichspostverwaltung; alle Bahnpostwagen fahren nun unter Regie der DRP. August 1924: Aufhebung der unentgeltlichen Beförderung von Bahnpostwagen, stattdessen hat die Reichspost ab dem 11. Juni 1925 eine Achskilo- meter-Vergütung zum Ausnahmetarif zu zahlen. 1925: Das deutsche Bahnpostnetz umfasst 70.000 km Eisenbahnstrecken und wird von täglich 14.000 Zügen mit rd. 4.000 Bahnpostwa- gen und 10.000 Bahnpostfahrern bedient. Zweiter Weltkrieg: Einrichtung deutscher Postverwaltungen in den besetzten Ländern. 1941: Einführung eines Leitzahlensystems (Nummern 1 bis 24), ab 1943 teilweise durch Kleinbuchstaben ergänzt. Mai 1945: Der Bahnpostverkehr wird auf alliierten Befehl vorübergehend eingestellt 1945/46: Neugründung der „Deutschen Post“, zunächst auf die einzelnen Besatzungszonen beschränkt. Von Ende 1945 an verkehren wieder Bahnpostwagen in regulären und regelmäßigen Kursen auf westdeutschen Schienen.
BAHN EXTRA 4/2022
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