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Strecke Frose – Quedlinburg Über den „Balkan“ Die Strecke Frose – Gernrode (Harz) – Quedlinburg war eine der letzten Nebenbahnen, auf der planmäßig Dampflokomotiven zum Einsatz kamen. Erst am 1. Mai 1988 vollzog die DR hier den Traktionswechsel – still und leise … Von Dirk Endisch/GM Die 112 364 (Bw Güsten) erreicht im Juli 1991 mit einem Personenzug nach Quedlinburg den Bahnhof Gernrode (Harz). Zum 28. Mai 1995 ersetzten „Ferkeltaxen“ die lokbespannten Züge Dirk Endisch

Die Strecke Quedlinburg – Frose (Nr. 673) im Winterkursbuch 1987/88; in dieser Fahrplansaison schloss die Reichsbahn dort die Umstellung von Dampf- auf Dieselbetrieb ab Slg. Felix Walther

F rühjahr 1987: Die Abendsonne taucht die Gleise des Bahnhofs Quedlinburg in gleißendes Licht. Auf Bahnsteig 1 warten einige Reisende auf den Personenzug (P) 8452 nachThale, während gegenüber auf Gleis 4 der Nahgüterzug (N) 66788 nach Gernrode (Harz) steht. Der Zug füllt das Gleis von Signal zu Signal aus. Die Grenzlast von 500 Tonnen dürfte wieder einmal über- schritten sein – und damit ein Fall für eine Reko-50. Die steht mit der 50 3552-2 des Bahnbetriebswerks Halberstadt auch an der Spitze des Zuges. Der Heizer hat ordentlich aufgelegt, wie die schwarze Rauchwolke zeigt, die aus der Esse entweicht. Die Kessel- sicherheitsventile fangen kurz an zu brum- men, dann wärmt der Lokführer die Zylin- der vor und die Lok verschwindet in einer dichten Dampfwolke. Um 17:20 Uhr geht es los: Die beiden Flügel des Ausfahrsignals re- cken sich in die Höhe – Langsamfahrt, quit- tiert durch einen Pfiff aus der Tieftonpfeife

Im Frühjahr 1959 hatte das Bw Halber- stadt, das die Loks für den Güterzugdienst zwischen Quedlinburg und Frose stellte, die ersten 50 35 erhalten. Das Bw Aschersleben, verantwortlich für die Personenzüge auf der Strecke, setzte bereits seit 1957 die Neubau- Tenderloks der Baureihe 65 10 ein. Einen klei- nen Ansatz von Traktionswechsel gab es in jenen Jahren aber auch schon: Für das Zug- paar P 3351/3352 griff das Bw Aschersleben auf eine Triebwageneinheit, gebildet aus ei- nem Fahrzeug der Baureihe VT 137 und ei- nem Steuerwagen der Baureihe VS 145, zu- rück. Außerdem war im Bahnhof Gernrode (Harz) eine Kleinlok (ab 1970: Baureihe 100) stationiert, die den Verschub erledigte und vor Übergaben nach Bad Suderode einge- setzt wurde. Doch unstrittig hatte die Dampf- traktion Vorrang und das blieb zunächst auch so, nicht zuletzt, weil Nebenbahn-Die- selfahrzeuge erst nach und nach in den Be- stand der Deutschen Reichsbahn kamen.

der Reko-50. Mit bellenden Auspuffschlägen setzt 50 3552 den N 66788 in Bewegung.Trotz der Last gewinnt der Zug schnell an Fahrt. Das ist auch notwendig, denn nach wenigen hundert Metern schwenkt der „Balkan“, wie die Nebenbahn Quedlinburg – Gernrode (Harz) – Frose von den Eisenbahnern ge- nannt wird, nach Süden und die Bergfahrt beginnt. Auf dem 8,6 Kilometer langen Stre- ckenstück bis nach Gernrode (Harz) müssen 88 Höhenmeter erklommen werden. Langsamer Wandel Auch in den späten 1980ern hatte die Ver- waltung der Maschinenwirtschaft (VdM) der Reichsbahndirektion (Rbd) Magdeburg noch keinen adäquaten Ersatz für die Bau- reihe 50.35 auf der steigungs- und bogenrei- chen Nebenstrecke gefunden. So prägte die Reko-Dampflok seit mehr als 25 Jahren das Bild auf dem „Balkan“, der ältesten regel- spurigen Nebenbahn im Harz.

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BAHN EXTRA 5/2025

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