Bahn Extra

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Arbeit im Bahnpostwagen Das rollende Postamt Zahlreiche Mitarbeiter der Bundespost waren auf Achse, um die Zustellung der Postsendungen auf dem Schienenweg zu gewährleisten. Welche Tätigkeiten fielen im Bahnpostwagen während der Fahrt an und wer erledigte sie? Eine kleine Einführung Von Oliver Strüber/GM Am Morgen des 11. Mai 1958 bringt die 66 001 den Personenzug 1983 von Heidelberg Hbf nach Frankfurt (Main) Hbf und legt einen Zwischenhalt in Darmstadt Hbf ein. Hinter der DB-Neubaudampflok laufen zwei Postwagen: ein moderner 26,4-Meter-Wagen, wie er in dem Beitrag auch als Beispiel für die Aufteilung der Bahnpost-Arbeitsbereiche dient, sowie ein Wagen aus der Zeit vor 1945 mit Oberlichtern Carl Bellingrodt/Slg. Brinker

M it dem vierachsigen Bahnpostwa- gen in 26,4-Meter-Bauweise hatte die Deutsche Bundespost in den 1950er-Jahren ihren idealen Wagengrund- typ gefunden. Er wurde in mehreren Serien gebaut, dabei in den kommenden Jahrzehn- ten in vielen Details noch verbessert und vervollkommnet. Seit 1965 beschaffte die Bundespost ihn nur noch als besonders fle- xibel einsetzbaren Allesbahnpostwagen; diesemTypus entspricht auch der hier in der Zeichnung vorgestellte Wagen desTyps Post mr-a 26 des Baujahrs 1968. Der Packraum Ausgeklügelt und platzoptimiert zeigt sich das Innere des Bahnpostwagens, kurz Bpw: Fast die komplette rechte, zum Nichthand- bremsende orientierte Wagenhälfte nimmt der Packraum ein (1). Vor allem seine breite Doppeltür ermöglichte das schnelle Aus- und Einladen der Postversandstücke, die für den jeweiligen, an der Fahrtroute gelegenen Bestimmungsbahnhof vorgesehen waren

raums bzw. in den beiden Stirnabteilen seitlich (7) des bei diesem Wagentyp schon vorhandenen Rolltors am Wagenübergang. Dabei war außer auf die Einhaltung des La- gerplans auch auf eine möglichst gleichmä- ßige Verteilung über die gesamte Bodenflä- che zu beachten. So beugte man nicht nur einemVerrutschen bei plötzlich eingeleiteten Bremsmanövern vor, sondern sorgte zudem dafür, dass sich die Laufeigenschaften des Wagens nicht durch einseitige Belastung ne- gativ verändern konnten. Bei besonders gro- ßem Postaufkommen (etwa vor Feiertagen) konnten auch die links von der Doppeltür gelegenen Bereiche des Bahnpostwagens aushilfsweise mitgenutzt werden – allerdings nur dann, wenn dies ohne Behinderung der Brief- und Wertbearbeitung möglich war. Aussackraum und Briefraum Die Postbeutel mit den auf der Schiene zu befördernden Drucksachen, Briefen und Ansichtskarten gelangten nach ihrer Einla- dung (nach vom Bahnpostamt vorab festge-

oder dort neu zugeladen wurden. Päckchen und Pakete wurden von den Postämtern be- reits „vorgetrennt“ (vorsortiert) und mit Leit- zeichen (Postleitzahl) versehen zum Bahn- postwagen gebracht, dort umgeladen und im Packraum gemäß einem vom Bahnpostamt (BPA) festgelegten Lagerplan (Ladeplan) ge- stapelt. Dieser Plan war der Menge und Art der zu erwartenden Ladung sowie den „Ab- stoßorten“ (den Entladebahnhöfen) ange- passt. Das Be- und Entladen konnten auch die anliefernden Paketumlader des Postamts während des Zughalts übernehmen. Bei der Umladung wurde die Art der Ladung unter- schieden: Zu Bündeln gepackte Zeitungen kamen durch die Klappen im Boden des Packraums in den „Keller“, in die speziell für diesen Zweck unterflur angebrachten Käs- ten (1a). Leichtere Päckchen und Pakete la- gerte man nach Möglichkeit mit der An- schrift nach unten im so genannten Packgestänge (früher Oberlichtgestänge ge- nannt) unter der Decke des gesamten Wa- gens (2), sperrigere am Boden des Pack-

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BAHN EXTRA 4/2022

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