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Ab 1939 bestritten zwei Wismarer Schienenbusse einen großen Teil des Personenverkehrs auf den Schmalspurbahnen in der Prignitz. Am 1. September 1967 geben sich VT 133 524 und VT 133 525 ein Stelldichein vor dem Triebwagenschuppen in Kyritz Hans Weber/Slg. Dirk Endisch
Traktionswechsel auf den Schmalspurbahnen Vorhaben abgebrochen
Jahr für Jahr locken die Schmalspurbahnen in Sachsen und im Harz zahllose Urlauber und Eisenbahnfreunde aus aller Welt an. Heute sind die Bimmelbahnen mit ihren Dampflokomotiven eine Touristenattraktion – doch eigentlich wollte die Deutsche Reichsbahn moderne Diesel- triebfahrzeuge für die 750- und 1.000-Millimeter-Strecken beschaffen Von Dirk Endisch/GM
D er Beschluss stand fest. Das Zen- tralkomitee der SED hatte im Okto- ber 1955 die „Marschroute“ Rich- tung Dieseltraktion vorgegeben, also begann die Deutsche Reichsbahn mit ent- sprechenden Vorarbeiten. Das bezog die Schmalspurbahnen mit ein, wobei sich bald zeigen sollte, dass die Umsetzung hier bei- leibe nicht so möglich war wie gedacht. Mitte der 1950er-Jahre betrieb die DR zwischen Ostsee und Erzgebirge ein über 1.330 Kilometer langes Schmalspurnetz. Davon hatten rund 844 Kilometer Strecke eine Spurweite von 750 Millimetern. Die Ablösung der auf solchen Bimmelbahnen eingesetzten Dampflokomotiven war zwar unter wirtschaftlichen Gesichtspunk-
ten samt und sonders ihre Berechtigung, wurden aber vom zuständigen Leiter der Abteilung Eisenbahn, Verkehr und Verbin- dungswesen im Zentralkomitee der SED, Günter Mittag, schlicht ignoriert. Er ver- langte einen schnellen Traktionswechsel. Erste Arbeiten und eine Analyse Daraufhin nahmen die HvM, das TZA und das Institut für Schienenfahrzeuge (IfS) die Vorarbeiten für eine Umstellung der Schmalspurbahnen auf. Doch wie wirt- schaftlich war der Einsatz von Dieseltrieb- fahrzeugen auf diesen Strecken überhaupt? Um dazu eine fundierte Antwort zu erhal- ten, stellte Heinz Kunicki vom IfS 1956 eine genaue Kostenanalyse für das Prignitzer
ten dringend notwendig, da der Fahrzeug- park überaltert und zersplittert war, doch beim wissenschaftlich-technischen Rat der Hauptverwaltung der Maschinenwirtschaft (HvM) und dem Technischen Zentralamt (TZA) stießen die Vorgaben der SED auf Skepsis. Beide Ämter rieten von einer schnellen Beschaffung von Diesellokomoti- ven ab. Sie begründeten ihre ablehnende Haltung mit den hohen Kosten für den Treibstoff sowie dem Fehlen leistungsstar- ker Motoren und Getriebe. Erfahrungen in der Konstruktion und der Fertigung von bahntauglichen Dieselmotoren und ent- sprechenden Kraftübertragungsanlagen waren in der DDR in den 1950er-Jahren de facto nicht vorhanden. Diese Einwände hat-
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