Bahn Extra

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Schmalspurnetz auf. Für die Zugförderung auf dem rund 100 Kilometer langen Netz, das im Volksmund als „Pollo“ bezeichnet wurde, benötigte der Lokbahnhof Perleberg des Bahnbetriebswerks Wittenberge täglich fünf Dampflokomotiven und zwei Diesel- triebwagen (VT 133 524 und VT 133 525). Die Dampfloks legten pro Tag insgesamt 678 Kilometer zurück. Dafür benötigten die fünf Maschinen eine „Tagesration“ von 12,024 Tonnen Kohle, während die beiden Triebwagen mit 0,917 Tonnen Dieselkraft- stoff auskamen. Allerdings waren die spezi- Eine Analyse beim „Pollo“ ergab, dass die Diesellok im Betrieb nur knapp wirtschaftlicher war als die Dampflok fischen Energiekosten bei den Dampfloks mit 0,427 Mark je Kilometer aufgrund des deutlich geringeren Beschaffungspreises von 24 Mark für eine Tonne Kohle deutlich geringer. Für die Triebwagen errechnete Heinz Kunicki hingegen spezifische Ener- giekosten in Höhe von 0,834 Mark je Kilo- meter, da die Tonne Dieselkraftstoff mit 617 Mark zu Buche schlug. Auch die Abschrei- bungs- und Instandhaltungskosten waren bei den Dampfloks günstiger. Für die Trieb- wagen sprachen wiederum die deutlich kürzeren Auf- und Abrüstzeiten sowie die geringeren Kosten für Personal, Instandhal- tung und Wartung. Alles in allem lagen die gesamten Zugförderkosten für die Triebwa- gen (2,179 Mark je Kilometer) knapp unter denen der Dampfloks (2,424 Mark). Unter Berücksichtigung der jährlichen Laufleis- tungen errechnete Heinz Kunicki für die

Für den Rangier- und Bauzugdienst erwarb die Deutsche Reichsbahn 1970 das Baumuster des Typs V 30 C, das ab 1973 als „199 301“ im Harz im Einsatz war; hier aufgenommen am 17. Juni 1991 im Bahnhof Nordhausen Nord Friedhelm Köhler/Slg. Dirk Endisch

Dies galt vor allem für die Strecken in der Reichsbahndirektion (Rbd) Dresden, die Mitte der 1950er-Jahre noch ein über 400 Kilometer langes 750-Millimeter-Netz betrieb. Bei der Suche nach einer geeigne- ten Diesellok blickten die verantwortlichen Eisenbahner zunächst zu den benachbar- ten Tschechoslowakischen Staatsbahnen (Cˇ SD), die Ende der 1950er-Jahre die Reihe T 47.0 beschafften, welche sich auch als Rei- he TU 3 bei den Sowjetischen Eisenbahnen (SŽD) sehr gut bewährte. In der Rbd Dres- den wurden die Einsätze der T 47.0 auf- merksam verfolgt. Angesichts der positiven Betriebsergebnisse erwog die Verwaltung der Maschinenwirtschaft (VdM) die Erpro- bung einer Lok auf der als „Weißeritztal- bahn“ bekannten Strecke Freital-Hainsberg – Kurort Kipsdorf. Doch diese Idee kam nicht über das Planungsstadium hinaus: Da die T 47.0 nur Gleisbögen mit einem Radius von mindestens 60 Metern durchfahren konnte, auf der Weißeritztalbahn aber Gleis- bögen mit 50-Meter-Radius vorhanden wa- ren, war dort keinTest möglich. Die neue LokV 36 K In der Zwischenzeit hatte die DR mit den Vorarbeiten für eine eigene Diesellok auf 750-Millimeter-Spur begonnen. Ende 1955 legte das Konstruktionsbüro desVEB Loko- motivbau „Karl Marx“ (LKM) Babelsberg die ersten Entwürfe für die als Baureihe V 36 K bezeichneteType vor. Mitarbeiter der HvM und des LKM berieten am 2. Januar 1956 über das so genannte Pflichtenheft für die Schmalspur-Diesellok. Bis Ende 1959 sollten die Konstruktionsarbeiten abge- schlossen sein. Die DR forderte von der BaureiheV 36 K die Beförderung eines 250Tonnen schweren Zuges mit 30 km/h in der Ebene und eines

Umstellung der Zugförderung von Dampf- auf Dieselloks für den „Pollo“ eine Kosten- einsparung von jährlich 60.000 Mark. Auf- grund der damals noch vergleichsweise hohen Kosten für den Dieselkraftstoff stell- te Heinz Kunicki abschließend fest, „daß für den Betrieb von Schmalspurbahnen, die Diesellokomotive der Dampflokomotive technisch und betrieblich weit überlegen ist, wirtschaftlich jedoch in folge des (...) be- stehenden Preisverhältnisses Kohle zu Die- selöl keine wesentlichen Vorteile bietet. Trotzdem ist eine Umstellung der Schmal- spurnetze von Dampf- auf Dieselbetrieb zu empfehlen.“

Für die Übergaben auf dem zwei Kilometer langen Reststück der Spreewaldbahn beschaffte die DR 1969 zwei gebrauchte Diesellokomotiven des Typs V 10 B, die ab 1973 die Betriebsnummern 199 005 und 199 006 trugen. Letztere steht 1980 in Cottbus Spreewaldbahnhof Slg. Dirk Endisch

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BAHN EXTRA 5/2025

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