Titel | ALLTAG
der Oberpostdirektion München. Zu seinem weiteren Werdegang berichtet er:
Mitte der 1960er-Jahre gab es noch sie- ben Waggonfabriken, die derartige Arbeiten ausführten. Jährlich richtete das Posttechni- sche Zentralamt in Darmstadt einen Erfah- rungsaustausch aus. Als die Zahl der Her- steller sank, musste ich vermehrt auf Reisen gehen. Meine Ziele hießen nun auch WMD in Donauwörth, Waggonbau in Rastatt oder Regentalbahn in Viechtach. Im Lauf der Jahre erlebte ich zudem den Wechsel im Fahrzeugbereich. 1965, zurVerkehrsausstel- lung, wurden auf einigen Strecken in der Bundesbahndirektion München noch Bahn- post-Zweiachser („14-Meter-Wagen“) einge- setzt. Das galt beispielsweise für München – Mühldorf und Regensburg – Bayerisch Eisenstein. Ebenso waren die kurzen Vier- achser („21-Meter-Wagen“) noch anzutref- fen, zum Beispiel bei München – Bayrisch- zell und München – Berchtesgaden. Beide Wagentypen verschwanden aber bald von der Bildfläche. Entwicklung nach 1990 Änderungen bei meinerTätigkeit gab es in gewissem Umfang erst nach der „politi- schen Wende“, als durch die Zusammen- legung mit den neuen Kollegen „im Osten“ in einigen Zuständigkeitsbereichen Un- terschiede ausgeglichen werden mussten. Probleme traten dadurch jedoch nicht auf. Im Gegenteil: Noch heute bestehen gute persönlichen Beziehungen zu den damali- gen Kollegen, auch aus den neuen Bun- desländern.“ In leitender Position Wolfgang Buckentin,
Das Heben, Ausleeren und später wieder Fertigen der schweren gefüllten Briefbeutel bedeutete eine große körperliche Anstren- gung. Die Bereitschaft zum Dienstantritt zu allen Tages- und Nachtzeiten sowie das lan- ge Fernbleiben von Zuhause, von Frau und Kindern nagte an einem. Das gezahlte Ab- wesenheitsgeld (in unserer Fahrgruppe pro Diensteinsatz rund 250 bis 290 D-Mark) glich das nicht aus. Das rechtzeitige Fertig- stellen der Briefbeutel, bevor der Bahnhof zur Übergabe erreicht war, brachte oftmals Hektik mit sich. Zumal angesichts der oft- mals kurzen Halte kaum Zeit zum Überge- ben bzw. Übernehmen von Post blieb. Auf der anderen Seite war man viel freier als die Beschäftigten beim Postamt, weil man Vorgesetzte nur bei Unregelmäßigkei- ten zu Gesicht bekam. Unter uns Bahnpos- ten und auch im Umgang mit den Bundes- bahnern herrschte ein gutesVerhältnis. Und noch aus einem anderen Grund möchte ich diese Erfahrungen nicht missen. Als ich 1974 den Weg in den gehobenen Postdienst einschlug und später unter ande- rem als Mitglied der Zentralen Verkehrslei- tung die Fachaufsicht über die Bahnpost in- nehatte, konnte ich aufgrund meiner eigenen Kenntnisse vieles im betrieblichen Alltag besser verstehen und beurteilen.“ Der Wagenprüfer Josef Steindl, Jahrgang 1938, studierte am Polytechnikum in München und absolvier- te danach eine zweijährige Ausbildung bei
„Als die Planung zum Postbahnhof begann, wurde ich diesem Referat zugeteilt. Dort gab es die erste Berührung mit der Bahn- post, vor allem bei derVorbereitung des Be- triebs für die Verkehrsausstellung 1965 zu- sammen mit weiteren Kollegen. Nach Ende dieser Ausstellung im Herbst 1965 war die Planung für eine Großrohr- postanlage angelaufen. Diese wurde aber nicht weiter verfolgt. Dagegen erhielt ich ein Angebot, bei der Firma Rathgeber in München-Moosach den Dienst eines Post- beauftragten für Bahnpostwagen zu über- nehmen. Rathgeber führte Fristuntersu- chungen und außerplanmäßige Reparaturen an solchen Wagen durch und baute ab 1967auch neue Bahnpostwagen. Als Postbe- auftragter war ich für die Überwachung die- ser Arbeiten gemäß denVorgaben von Bun- despost und Bundesbahn zuständig. Dazu war eine enge Zusammenarbeit mit dem Hersteller nötig. Mein Arbeitsplatz war ein eigenes Büro in Moosach und ein weiteres im Bahnpostamt in München, Hopfenstra- ße. Wo ich tätig war, überließ man mir ge- mäß den Erfordernissen. Beauftragte von Post und Bahn Der Unterschied zur sonstigen Arbeit bei der Post war, dass es eine solche technische Arbeit dort nur ausnahmsweise gab. Inter- esse an der Eisenbahn brachte ich bereits mit. Da ich gelernter Maschinenschlosser war, konnten offene Fragen meist ohne Wei- teres geklärt werden. Wichtig war, dass während des Einsatzes der Bahnpostwagen möglichst keine Störungen auftraten, zum Beispiel an der Beleuchtung, der Heizung und an der Bedienung derTüren. Wichtig war weiterhin, dass der Wagen durch die Bundesbahn störungsfrei trans- portiert werden konnte. Dementspre- chend gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der DB, die darin bestand, dass auch die Bundesbahn einen Beauftragten für ihren Zuständigkeitsbereich bei der Wag- gonfabrik einsetzte. Das war erforderlich, da der Postbeauftragte nur für postalische Bereiche zuständig war, nicht für Lauf- werk, Bremsen, Zug- und Stoßeinrich- tung. Darum gab es hier auch Bespre- chungen im kleinen Kreis bei stets guter Zusammenarbeit. Diese Kooperation kam ebenfalls zum Tragen, wenn Rathgeber einen Bahnpost- wagen instandgesetzt hatte. Bei umfangrei- cheren Arbeiten, ab der Schadgruppe Num- mer 3 aufwärts, unternahmen Mitarbeiter des Bundesbahn-Ausbesserungswerks München-Neuaubing eine Probefahrt mit dem Fahrzeug. Bei bis zu 120 km/h zwi- schen München und Landshut prüften wir an Bord, ob alles in Ordnung war.
Jahrgang 1950, trat 1979 nach dem zweiten juristi- schen Staatsexamen in den höheren Dienst der Deut- schen Bundespost ein. Dem Auftakt beim Postamt 3 Köln folgten verschiedene Posten und die Position als Gruppenleiter Bahnpost bei der ZentralenVerkehrslei- tung der Bundespost.
Später war Buckentin Referent und danach Referats- bzw. Abteilungsleiter Transport beim Ministerium, der Generaldirektion bzw. der Zen-trale der Deutschen Post. „Ein wesentlicher Teil der Zusammenarbeit zwischen Post und Bahn neben dem Tages- geschäft waren die Fahrplanverhandlungen in verschiedenen Gremien. Zu unseren Auf- gaben bei der ZentralenVerkehrsleitung ge- hörte unter anderem die Bearbeitung der Fahrpläne für die Expr-Züge und die in Rei- sezügen mitlaufenden Bahnpostwagen. Die Treffen fanden an den unterschied- lichsten Orten statt, häufig vor allem bei der DB-Transportleitung in Mainz, aber auch in
Auch in der Freizeit als „Bahnpostler“ aktiv: Josef Steindl bei einer Sonderfahrt der Arbeitsgemeinschaft Bahnpost Slg. Steindl 50
BAHN EXTRA 4/2022
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