Bahn Extra

bruch mit freudigen Zurufen. Die Firma Lie- bold & Co., die den Tunnel auszuführen hat, gibt aus diesem Anlass heute Abend in der Wirtschaft Aug. Vogel zu Marienborn ein Fest, zu dem alle amTunnelbau beschäftigten Arbeiter, etwa 250-300 an der Zahl, geladen sind.“ (Siegener Zeitung, 28. Oktober 1912) Mit demTunneldurchschlag verbesserten sich die Arbeitsbedingungen spürbar. Es brauchte nun keine Luft mehr hineinge- pumpt zu werden, um den Dynamitgeruch nach dem Schießen zu vertreiben, sondern man konnte sofort nach erfolgtem Spren- gen weiterarbeiten. Auch brauchte kein Wasser mehr abgepumpt zu werden, das über das klüftige Gestein in das Tunnelge- wölbe tropfte, denn jetzt floss es nach der Weidenauer Seite hin von allein ab. Im Vor- einschnitt des Tunnels an der Weidenauer Seite lagerten Anfang Dezember noch 125.000 Kubikmeter Gestein, die durch den Tunnel in Richtung Siegen Ost befördert werden mussten. Im Dezember 1912 ging die elektrische Baustellen-Beleuchtung in der Tunnelröhre in Betrieb. Bis Ende Mai 1913 waren die Arbeiten am Giersberg-Tun- nel so weit fortgeschritten, dass nur noch rund 40 MeterVollausbruch vorhanden und 60 Meter Gewölbe auszumauern waren. Auf der Weidenauer Seite lag mittlerweile ein Feldbahngleis, so dass man das zum Bau des Tunnels erforderliche Material auch vom Bahnhof Weidenau zuführen konnte. Der zuletzt in dem Einschnitt bei Kaan eingesetzte, dampfbetriebene Löffelbagger wurde Ende September 1913 über dieTrans- portbahn durch den Giersberg-Tunnel in den Voreinschnitt an der Weidenauer Seite gebracht, wo noch 130.000 Kubikmeter Fels- massen für die zukünftige Bahntrasse abzu- tragen waren. Diese wurden dann ebenfalls durch den Tunnel in Richtung Siegen Ost abgefahren. Im Februar 1914 kam ein zwei- ter Bagger zur Verstärkung in den Vorein- schnitt, damit die Arbeiten bis zum Mai be- endet werden konnten. Das Tunnelportal auf der Weidenauer Seite war im Laufe des Winters 1913/14 fertiggestellt worden. Mitte September 1914 waren auch die Portale an der Ostseite vollendet.

Am 18. Mai 1985 hat 110 278 den eingleisigen Tunnel mit D 2343 nach Frankfurt (M) gerade verlas- sen. Die Inschrift „1912-1915“ wurde kurioserweise nicht in die Mitte der mit Naturstein verkleide- ten Felswand gesetzt, sondern über das Portal des eingleisigen Tunnels Dr. Rolf Löttgers

Für die im Bau befindliche Straßenbahnstrecke nach Geisweid lässt die Siegener Kreisbahn 1904 in der Hagener Straße eine 264 Meter lange eiserne Überführung über die ebenerdig verlaufende Ruhr-Sieg-Strecke bauen. Der beschrankte Bahnübergang besteht lediglich aus zwei Schranken- bäumen und einer Wärterbude von der Größe einer Telefonzelle Siemens-Archiv

Heiß diskutierteVerbindung Siegen – Siegen Ost

stieg auf diesen 400 Metern Strecke, und dazu ein Gleisradius von nur 200 Metern. Für die Neubaustrecke galten maximal eine Steigung von 1:80 und 500 Meter Kurvenra- dius. Damit war von vornherein klar, dass diese Verbindungsstrecke nur zur Überfüh- rung einzelner Güterwagen getaugt hätte. Vier Jahre lang wurde protestiert, wur- den Eingaben gemacht, ehe dann das Preu- ßische Abgeordnetenhaus im April 1913 die Mittel für den Bau einer eingleisigen, 2,75 Kilometer langen Verbindungsbahn Siegen (Hbf) – Siegen Ost genehmigte. Da- durch war der Bahnhof Siegen auch an die Hauptbahn Richtung Frankfurt angeschlos-

bahn eine aus heutiger Sicht fast schon abenteuerliche, 264 Meter lange eiserne Überführung, um am 14. November 1904 den Straßenbahnbetrieb aufzunehmen. Mit dem Plan der „Neubaustrecke Weide- nau – Dillenburg“ wurde der Ruf nach ei- nem Anschluss des Bahnhofs Siegen laut. Die Staatsbahn legte eher halbherzig einen Entwurf vor, der zwar nur 400 Meter Neu- baustrecke, abzweigend von der bestehen- den Ruhr-Sieg-Strecke Weidenau – Siegen bis zur Einmündung in die projektierte Hauptbahn Weidenau – Siegen Ost – Haiger erfordert hätte, aber die hatten es in sich: eine Steigung von 1:40, also zehn Meter An-

Als die Staatsbahn in den 1860er-Jahren die Ruhr-Sieg-Strecke Hagen – Siegen baute, verlief die zweigleisige Strecke ab Weide- nau bis kurz vor der Siegbrücke in der Hee- serstraße ebenerdig durch den Stadtteil Sieghütte, was die Anlage von drei be- schrankten Bahnübergängen erforderlich machte. Problematisch wurde es, als die Siegener Kreisbahn ihre Straßenbahnlinie Richtung Weidenau – Geisweid plante, denn diese kreuzte imVerlauf der Hagener Straße die Staatsbahn. Da die Staatsbahn keine Niveaukreuzung gestattete, baute die Kreis-

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BAHN EXTRA 5/2025

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