Bahn Extra

wurden die über Kreuztal kommenden Züge zum ersten Male über die höher ge- legte Strecke geleitet. Für die Reisenden, die oft die Stelle befahren, machte es einen ei- genartigen Eindruck, als sie plötzlich hoch über den Dächern des Stadtteils Sieghütte dahinfuhren, wo die Leute in den Dachlu- ken lagen, um dem ersten, die neue Strecke befahrenden Zug ihre Grüße zuzuwinken.“ Die Situation nach den Bauarbeiten mit der zweigleisigen Hauptbahn Weidenau – Siegen Ost (violett), der eingleisigen Verbindung Siegen Hbf – Siegen Ost (rot) und der 1915 zwischen Weidenau und Siegen Hbf höher gelegten Ruhr-Sieg-Strecke Slg. Dr. Rolf Löttgers Der Blick vom Giersberg vermittelt einen Eindruck von der dichten Talbebauung und dem Verlauf der beiden 1914/15 fertiggestellten Bahnstrecken, die beide die Hagener Straße kreuzen. Im Vordergrund die Verbindungsbahn Siegen – Siegen Ost, dahinter die höher gelegte Ruhr-Sieg-Strecke Siegen – Weidenau. Am 6. April 1980 ist ein Schienenbusgespann 798/998 auf dem linken Streckengleis unter- wegs nach Weidenau Dr. Rolf Löttgers

der Straßenverkehr an den Kreu- zungspunkten mit der Staatsbahn so- wohl im Sieghütter Hauptweg als auch im Bereich Kreuzweg (heute Borsigstraße)/Schulstraße (heute Daimlerstraße) erheblich einge- schränkt. Denn dort, wo sich früher beschrankte Bahnübergänge befan- den, mussten nun die Straßen für die zukünftigen Unterführungen um bis zu 1,50 Meter abgesenkt werden. Und dort, wo die Viaduktstrecke aus der Heinrichstraße an der Hagener Stra- ße endet, stand seit Herbst 1914 ein großes Gerüst für den Bau der beiden Widerlager und seit Anfang März 1915 auch für die Montage der schräg über die Hagener Straße verlaufenden, genieteten Fachwerkträger-Brücke. Die- ses beeindruckende Bauwerk mit seinen 30 Metern Spannweite, das wie die für die Verbindungsbahn Siegen – Siegen Ost erfor- derliche Überführung über die Hagener Straße von der Siegener Aktiengesellschaft für Eisenkonstruktion, Brückenbau undVer- zinkerei (SAG) geliefert wurde, besteht aus vier segmentförmigen Bögen. Mit den Arbeiten an dem bereits erwähn- ten Bogenviadukt in der Heinrichstraße wa- ren seit Herbst 1914 bis zu 70 Maurer und Steinmetze bald ein Dreivierteljahr beschäf- tigt. Denn immerhin galt es, 22 Öffnungen als Korbbögen mit 10,50 Meter lichter Weite aufzumauern, sie anschließend einzuschalen und für die zukünftige Fahrbahn mit Beton

aufzufüllen und zum Schluss den gesamten Bogenviadukt mit Naturstein zu verkleiden. Eine dritte Besonderheit im Verlauf dieser „nur“ 1,1 Kilometer Strecke ist die Viadukt- schere Borsigstraße/Daimlerstraße am Ab- zweig der eingleisigen Verbindungsbahn Siegen – Siegen Ost von der zweigleisigen Ruhr-Sieg-Strecke Siegen – Weidenau. Hier entstanden auf engstem Raum insgesamt drei Brückenbauwerke, zwei für die Verbin- dungsbahn und eines für die zweigleisige Ruhr-Sieg-Strecke. Außerdem musste die Siegbrücke an der Heeserstraße höhergelegt und um ein Gleis erweitert werden. Die Inbetriebnahme der nun kreuzungs- freien Ruhr-Sieg-Strecke am 18. Juni 1915 war der Siegener Zeitung nur eine kleine Meldung wert: „Siegen, 19. Juni. Gestern

Eröffnungsfeier in bescheidenem Rahmen

Südlich von Siegen Ost war der Bahndamm für die zukünftige Hauptbahn Weidenau – Haiger bis Frühjahr 1914 weitgehend fertig gestellt und mit den Planierungsarbeiten – zuerst Grobschlag, dann Kleinschlag – be- gonnen worden. Bis Anfang September

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BAHN EXTRA 5/2025

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