Seitdem die Korbbögen des Bogenviadukts durch die Heinrichstraße zugemauert sind und als Lagerraum oder Werkstatt genutzt werden, hat das Aussehen gelitten. Es erinnert eher an eine hohe, Sonnenlicht raubende Mauer. Am 10. August 2023 bringt der FLIRT 3427 014 der DB AG wenigstens etwas Farbe ins Bild Dr. Rolf Löttgers
Wo die Borsigstraße (rechts) und die Daimlerstraße (links) auf der Sieghütte zusammentreffen, trennt sich die eingleisige Verbindungsbahn Siegen Hbf – Siegen Ost mit einer Viaduktschere von der Ruhr-Sieg-Strecke Siegen Hbf – Weidenau (hinten rechts). Am 20. August 2009 betrieb noch die DB AG den RE Aachen – Köln – Siegen – Frankfurt (M) Dr. Rolf Löttgers
1914 war auch das erste Streckengleis zwi- schen Siegen Ost und Niederdielfen vollen- det, ehe dann in den letzten Septemberta- gen im Güterbahnhof Siegen Ost mit den Oberbauarbeiten begonnen werden konnte. Es dauerte allerdings noch bis zum 7. Mai 1915, ehe „die erste große Lokomotive die Neubaustrecke der Bahn von Weidenau nach Rudersdorf“ befuhr (Siegener Zeitung vom 8. Mai 1915). Ende Mai gehörten solche Materialzüge schon zum gewohnten Bild: „Auf der Neubaustrecke Weidenau – Dillen- burg verkehren nun täglich von Weidenau bis Rudersdorf die Materialzüge. Sie brin- gen Schienen, Schwellen und vor allem Schotter.“ (Siegener Zeitung, 29. Mai 1915). Ein halbes Jahr später begann der Plan- betrieb zwischen Weidenau/Siegen, Siegen Ost und Haiger. Der Eröffnungszug, be- spannt mit einer der neuen, extra für den Schiebedienst Siegen Ost – Rudersdorfer Tunnel nach Siegen versetzten preußischen T 14-Loks, verließ am 30. November 1915
zweigleisigen Giersberg-Tunnel keine Gleisabsenkung erforderlich. Beim einglei- sigen Giersberg-Tunnel betrug die Gleisab- senkung maximal 30 Zentimeter. Aufwen- dig waren allein dieTorkretierungsarbeiten, also das Abdichten des Tunnelgewölbes mit Spritzbeton. Dadurch wurden im Winter eine größere Eiszapfenbildung durch ein- dringendes Gebirgswasser und eine Ge- fährdung der Stromabnehmer verhindert. Das Angebot an Fernzügen wurde bis Anfang der 1980er-Jahre immer weiter ver- bessert, vor allem Richtung Norddeich/Em- den, wo im Sommer 1982 vier von sieben D-Zug-Paaren ihren Ausgang nahmen. 1989 führte die DB zwischen Münster und Frank- furt einen Interregio-Vorlaufbetrieb mit D- Zügen im Zweistundentakt ein (darin ein Zugpaar über Münster hinaus bis Nord- deich) – ab 1994 liefen die Züge offiziell als „IR“. Mit Ablauf des Winterfahrplans 2000/2001 allerdings wurde die Ruhr-Sieg- Strecke vom Fernverkehr abgehängt. Seit Dezember 2021 gibt es zumindest eine IC- Linie 34 Dortmund – Siegen – Frankfurt, auf der aktuell bis zu vier Zugpaare fahren und zwei bis Münster durchlaufen. Abgesehen davon, dass sich seit 1915 Be- bauung und Vegetation rund um die beiden Tunnel und ihre Zulaufstrecken ausgebreitet haben, so dass der Blick auf die Bahnstre- cken und speziell ihreTunnelbauwerke nicht überall mehr so leicht möglich ist, hat sich an der Bahnanlage selbst nicht viel geändert. Statt der Formsignale gibt es nun moderne Lichtsignale, die mit Naturstein verblende- ten Kronen der Tunnelportale wurden abge- tragen und durch eine Betonkonstruktion ersetzt, die steilen Hänge beiderseits der Strecke hat man teilweise mit Spritzbeton oder Faschinen gesichert – mehr nicht. Nachsatz: Dieser Beitrag wäre ohne die tatkräftige Unterstützung des Archivars der Siegener Zeitung, Herrn Dr. Friedrich Weber, nicht möglich gewesen. Ihm sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
kurz nach 10 Uhr den Bahnhof Siegen, legte auf den Unterwegsstationen einen kurzen Halt ein und erreichte nach gut einer Stun- de Fahrt den Bahnhof Haiger. Die Presse schrieb dazu: „In Haiger versammelten sich die Festgäste in dem geräumigen Wartesaal 1. und 2. Klasse des überaus gefälligen und geräumigen Empfangsgebäudes. Nach ei- nem Frühstück, das die Handelskammer Dillenburg darbot, wurde die Rückfahrt nach Siegen angetreten. Der Festfahrt folg- te ein gemeinsames Mittagmahl.“ (Siegener Zeitung, 1. Dezember 1915). Von 1915 bis heute Die Streckenführung in Siegen blieb so bei Reichsbahn, Bundesbahn und DB AG be- stehen. Fünfzig Jahre nach der Eröffnung wurde am 14. Mai 1965 der durchgehende elektrische Betrieb zwischen Hagen, Siegen und Frankfurt (Main) aufgenommen. An- ders als bei den meisten Tunneln der Ruhr- Sieg-Strecke Hagen – Siegen war beim
Der ersatzweise auf der Rothaarbahn eingesetzte VT 650.60 der ODEG hat am 10. April 2015 nur noch zwei Kilometer bis zum Siegener Hauptbahnhof vor sich. Rechts von der schräg über die Hagener Straße verlaufenden Fachwerkträger-Brücke mit 30 Meter Spannweite beginnt die frühere Heinrich- und heutige Gießereistraße mit ihren 22 Viaduktbögen. Der Schatten im Vordergrund stammt von der eisernen Balken-Brücke der Verbindungsbahn Siegen – Siegen Ost Dr. Rolf Löttgers
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BAHN EXTRA 5/2025
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