Bahn Extra

am 5. April 1916 in den Vorstand. Am 1. Juli 1916 trat Otto Steinhoff dort die Nachfolge des verstorbenen Eisenbahndirektors Werner Glanz an. Als Steinhoff sein Büro in Blanken- burg (Harz) bezog, befand sich die HBE in einer angespannten Situation. Das Verkehrs- aufkommen auf der kombinierten Adhäsions- Zahnradbahn Blankenburg (Harz) – Rübe- land – Tanne stieg stetig an. Allerdings hatte der kosten- und personalintensive Zahnrad- betrieb auf der damals als „Harzbahn“ bekann- ten Strecke seine Leistungsgrenze erreicht. Ideen und Maßnahmen für die HBE Bei der Suche nach einer Lösung des Prob- lems konnte Steinhoff auf eine Idee seines Vorgängers zurückgreifen. Bereits im Früh- jahr 1912 hatte Werner Glanz gemeinsam mit dem Geheimen Hofrat Professor Arthur Lüdicke von der Technischen Hochschule (TH) Braunschweig die Einführung des Rei- bungsbetriebs auf der Harzbahn erörtert. Steinhoff setzte diese Idee schließlich gegen alle Widerstände in die Tat um. In enger Zu- sammenarbeit mit dem Chefkonstrukteur der Lokomotivfabrik August Borsig, August Meister (siehe Bahn Extra 3/2021), entstan- den die imposanten 1‘E1‘h2t-Maschinen der „Tierklasse“, mit denen die HBE im Früh- jahr 1920 in der Fachwelt für Aufsehen sorgte. Mit dem Einsatz der außerordentlich kräftigen Tenderlokomotiven war es mög- lich, den Zahnradbetrieb durch den einfa- chen Reibungsbetrieb zu ersetzen. Das war nicht die einzige in die Zukunft gerichtete Aktivität Otto Steinhoffs. Er er- kannte auch im aufkommenden Kraftverkehr die größte Konkurrenz für den Personen- und Güterverkehr auf der Schiene. Daher gründete die HBE am 5. Dezember 1924 mit der Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn-Ge- sellschaft sowie der Centralverwaltung für Secundairbahnen Hermann Bachstein die Harz-Kraftfahrzeuglinien der Ostharzbahnen GmbH (HKO) und baute ein eigenes Bus-Li- niennetz auf, das 1927 mehr als 170 Kilometer lang war.Außerdem gab er der HBE eine neue Struktur. Beispielsweise wurden der Betrieb und die Fahrzeugunterhaltung getrennt. Dafür wurde die HBE-Tochter Blankenbur- ger Eisenbahnbedarfs- und Maschinenfabrik GmbH (Bema) gegründet. Angesehen, geehrt, aber auch angegriffen In der Fachwelt und bei den Beschäftigten der HBE genoss Steinhoff großes Ansehen. Der überzeugte Freimaurer galt als hoch- kompetent, geschäftstüchtig, politisch libe- ral-konservativ eingestellt und bemühte sich um vernünftige Arbeits- und Lebensbe- dingungen für die Eisenbahner. Steinhoffs Verdienste bei der Einführung des Reibungsbetriebes auf Steilstrecken und bei der Konstruktion von Reibungslokomoti- ven wurden von der TH Hannover gewür- digt; sie ernannte Otto Steinhoff im Rahmen

Ende der 1920er-Jahre ist die Lok „Elch“ (DR: 95 6679) bei Blankenburg Westend unterwegs. Mit den 1‘E1‘h2-Maschinen der „Tierklasse“ schrieben Otto Steinhoff und August Meister Technikgeschichte

Die von Otto Steinhoff und Kurt Kettler entwickelten Triebwagen konnten auch auf der Steilstrecke nach Rübeland/Tanne eingesetzt werden. Das Foto des T 2 wurde in Blankenburg aufgenommen Ein wichtiges Standbein der HKO waren die Charter- und Ausflugsfahrten in den Harz. Ende der 1920er-Jahre hält ein so genannter Aussichts-Kraftwagen in Stolberg (Harz) Slg. Dirk Endisch (3)

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BAHN EXTRA 5/2025

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