unter dem Flat-12 mit den Nebenaggregaten darüber ergab unterm Strich keinen Gewinn in der Bauhöhe gegenüber einem herkömm- lichen V12. Das stimmt zwar. Aber genau das hatte Maranello auch beabsichtigt. Was in dieser speziellen Analyse oft unerwähnt bleibt: Ferrari gewann durch die flache Bau- weise des Flat-12 Platz unter dem Motor für das Getriebe. Lamborghini dagegen stopfte den V12 des Miura quer ins Auto, mit einem Getriebe in der Ölwanne, im Mini-Stil. Das führte zu einem Verpackungsalbtraum, der den Motor direkt an die Ohren der Insas- sen drängte. Obendrein musste das Motoröl auch noch das Getriebe versorgen. Sant’Aga- ta lernte seine Lektion für den Countach, der kurz nach dem BB auf den Markt kam, und platzierte das Getriebe vor dem nun längs eingebauten Motor. Das war dynamisch eine gute Lösung, beeinträchtigte aber den Innen- raum erheblich. Die andere Möglichkeit wäre gewesen, das Getriebe nach hinten zu ver-
erste integrierte Kunststoffstoßfänger: Die ge- samten vorderen und hinteren Schürzen be- stehen aus verstärktem Harz statt aus separa- ten Anbauteilen. Die Schweller und öffnenden Paneele bestehen aus Aluminium, während die Hauptkarosserie darüber aus Stahl gefer- tigt ist. Setzt man sich hinter das Lenkrad eines 365 GT4 BB, so wird der Zugewinn an Innenraum sofort deutlich. Es gibt keinen wulstigen Ge- triebetunnel zwischen den Sitzen, nur einen kleinen rechteckigen Kanal für die Kühlwas- serrohre, der einen ansonsten flachen Boden unterbricht – es gibt nicht einmal eine Mittel- konsole. Mit einem Kühler direkt vor den Fü- ßen, heißen Kühlwasserrohren in der Mitte und einem Motor dahinter ist Hitzestau un- vermeidlich, daher war die Klimaanlage im BB von Anfang an serienmäßig. Trotz des ziemlich großen Lenkrads und des Mittelmotor-Layouts ist die Lenkung im- mer noch schwer – obwohl zeitgenössische
Die Anzahl der Rückleuch- ten und Auspuffendrohre reduzierte sich beim 512BB von sechs auf vier im Vergleich zum 365.
legen, wie Ferrari es bei späteren Modellen tun sollte – aber das hätte zu einem längeren Auto mit einem größeren Trägheitsmoment geführt, was eine Obsession der Ferrari-Inge- nieure in den 1970er Jahren war. Kurz gesagt: Der Flat-Motor des BB ermöglichte es, den gesamten Antriebsstrang in einer Säule in der Mitte des Autos zu verpacken. Diese Konst- ruktion schuf Freiraum für die Insassen und ermöglichte sogar noch einen kleinen Koffer- raum hinter den Rücksitzen zusätzlich zum „Frunk“ vorne. Cleverer Materialmix Nähert man sich dem ersten dieses Trios, dem rot-schwarzen 1974er 365 GT4 BB, so wird die clevere Verpackung der von Pinin- farina entworfenen und von Scaglietti gebau- ten Karosserie offensichtlich. Sein Heck ist für ein Auto dieser Größe überraschend kurz und viel kürzer als die aerodynamische Nase. Sei- ne Zweifarblackierung verrät weitere Innova- tionen. Vorne und hinten finden sich Ferraris
Tester ihre Leichtigkeit im Vergleich zum Vor- gänger Daytona lobten. Ferrari weigerte sich zu diesem Zeitpunkt noch, eine Servounter- stützung einzusetzen, und die Belohnung ist eine brillant gefühlvolle und direkte Lenkung, sobald sich die Räder drehen. Das Lenkrad ist gut positioniert, nicht dezentriert oder selt- sam angewinkelt, wie bei den meisten frühen Autos mit Mittelmotoren. Nur leicht versetz- te Pedale, zur Fahrzeugmitte hin verschoben, um den Radkasten zu umgehen, stören die komfortable Fahrposition. Man wird in eine sportliche, halb liegende Position gezwungen. Versucht man eine aufrechte Haltung, findet man sich zu nah am Lenkrad mit dem Kopf an der Decke wieder. Aber es ist bemerkens- wert, wie kompromisslos der Innenraum im Vergleich zu Konkurrenten wie dem Coun- tach anmutet. Die Sicht ist in alle Richtungen gut, sogar nach hinten. Fährt man los, so dämpft die schwere Kupplung das ansonsten freundliche Fahr- verhalten, aber das Hantieren mit dem offen
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